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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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377„Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? Hermann Meisel, Abteilungsleiter für Landtechnik in der Landesbauernschaft Do- nauland. Dem Autor erscheint der Technikeinsatz in der bäuerlichen Landwirtschaft als problematisch ; dabei geht es ihm jedoch weniger um das Ob, als um das Wie : „Der Einsatz technischer Hilfsmittel in der Landwirtschaft darf niemals als tote Me- chanisierung angesehen werden, jedenfalls nicht im bäuerlichen Betrieb. Dies wäre schon deshalb falsch, weil es dem Wesen des deutschen Bauern widerspräche. Ebenso darf der landwirtschaftliche Betrieb niemals nur als Erzeugungsstätte irgendwelcher Güter betrachtet werden, etwa in der Art, wie ein Fabriksunternehmen angesehen werden kann. Ein Bauernhof ist eine organische Einheit, er hat es ja auch mit Lebe- wesen, mit Pflanzen, Tieren und Menschen zu tun.“6 Der Gegensatz zwischen dem Mechanischen und dem Organischen, eine Schlüs- selmetapher Oswald Spenglers und anderer Wortführer der „konservativen Revo- lution“ nach dem Ersten Weltkrieg,7 erscheint als Triebfeder  – genauer, als konsti- tutiver Widerspruch  – des Argumentationsganges. Diesem Widerspruch begegnet der Autor weder durch eine anti-modernistische Technikfeindlichkeit noch durch eine modernistische Technikeuphorie ; vielmehr sucht er diesen durch die organi- sche Einbettung des Mechanischen aufzulösen. Wie dieser Anspruch umgesetzt wer- den könne, erläutert er am Gebrauch der Melkmaschine : „Die Melkmaschine erleichtert die eintönige körperliche Arbeit. Durch die Notwen- digkeit ordentlicher Bedienung und Pflege der Maschine wird die Arbeit abwechs- lungsreicher. Das Zurücktreten der physischen Anstrengung ermöglicht die Betreu- ung einer größeren Stückzahl von Kühen je Person oder aber auch die Verwendung von Personen, die körperlich weniger leistungsfähig sind, z. B. von Frauen oder von Menschen in einem Alter, in dem sie sonst nicht mehr voll arbeitsfähig wären. Nun wäre es aber falsch, das Melken mit der Maschine als reine Mechanisierung ansehen und zu glauben, jeder Mensch wäre hiefür gleich gut geeignet. Gerade davor müssen wir uns hüten, wenn auf längere Sicht empfindliche Rückschläge vermieden werden sollen. Beim Nachmelken kommt der Melker wieder mit seinem Vieh, wenn auch nur für kurze Zeit, in Berührung. Irgendwelche Veränderungen am Euter oder im Beneh- men der Kühe, die ja auch beim reinen Handmelken vorkommen können, wird der Melker bemerken und die nötigen Schlüsse daraus ziehen. Es muß darum gefordert werden, daß gerade jene Menschen, ob es nun landwirtschaftliche Arbeiter sind oder Angehörige des Hofes, die das nötige Verständnis für das Vieh hatten, auch weiterhin als Arbeiter mit der Maschine tätig bleiben. Das rein Technische kann leicht zugelernt werden, nicht so leicht aber kann einem Menschen, der bisher nicht mit Tieren zu tun hatte, das Verständnis hiefür erklärt oder in ihm erweckt werden.“8
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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