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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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432 Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ nicht an der Aufbauaktion teilnahmen ; war dies doch der Fall, wurden nur selten Zuschüsse vergeben sowie Investitionen in Gebäude und Maschinen getätigt. Im AGB Matzen gelegen, mit weniger als fünf Hektar Grund ausgestattet, Acker- und Weinbau kombinierend  – dieses Merkmalsprofil kennzeichnete jene Betriebe, die aus Sicht der Landstelle offenbar am Rand der aufbaubedürftigen, -fähigen und -würdigen Klientel rangierten. Zur Vertiefung der breiten Streuung der Entschuldungs- und Aufbaubetriebe dienen ausgewählte Beispielfälle (Tabelle 5.16).160 Die 30 Hektar große Grünland- Waldwirtschaft des von den Gutachtern der Landstelle als „strebsam“ gewürdigten Leopold Leitner und dessen Ehefrau in Frankenfels, die für die hoch subventionier- ten Aufbaubetriebe steht, haben wir bereits kennengelernt.161 Die kreditfinanzierten Leistungsbetriebe repräsentiert die zwölf Hektar große Hackfruchtwirtschaft von Alois und Maria Wegerer in der zu St. Leonhard am Forst gehörenden Katastral- gemeinde Grimmegg. Es handelte sich, dem Urteil der Gutachter der Landstelle zufolge, um einen „äußerst intelligente[n] und fleißige[n] Arbeiter“ sowie eine „gut und fortschrittlich arbeitende Familie“. Mit 500 Reichsmark lag die „Leistungsfä- higkeit“ zwar nicht relativ zur Kulturfläche, doch absolut betrachtet an der Spitze. Da kein Entschuldungsverfahren beantragt wurde, sind wir über den Schulden- stand nicht informiert. Im Rahmen der Aufbauaktion waren Um- und Neubau- ten von Stall, Schuppen und Keller sowie die Errichtung einer Düngerstätte und Jauchegrube geplant ; die Deckung erfolgte großteils über ein Aufbaudarlehen, das den Schuldenstand des Betriebes massiv erhöhte.162 Für die mäßig subventionierten Grenzbetriebe steht die zehn Hektar große Hack- fruchtwirtschaft von Leopoldine Kleinstätter in Kleinpertholz bei Heidenreich- stein. Die Familie wurde als „fleißig, anspruchslos, peinlich sauber“ beurteilt, der Ehemann der Besitzerin, Ortsbauernführer und „Alter Kämpfer“ der NSDAP, als „zuverlässig als Mensch und Bauer“. Die geringe Leistungsfähigkeit von 90 Reichsmark verweist auf die kargen Ertragsbedingungen dieses Standorts. Neben einem Anstaltsdarlehen, das im Zuge des Entschuldungsverfahrens teils festge- schrieben, teils abgelöst wurde, lasteten erhebliche Restkaufgelder auf dem An- wesen ; diese wurden durch beträchtliche Nachlässe und Ablösungen gedeckt. Im Zuge der Aufbauaktion bewilligte die Landstelle den Neubau des Schweinestalls und den Ankauf eines Elektromotors ; diese Investitionen wurden zur Gänze durch Zuschüsse gedeckt. Aufgrund der Nachlässe im Entschuldungsverfahren verrin- gerte sich der Schuldenstand um einen nennenswerten Betrag.163 Die nicht aufgebauten Betriebe werden vertreten durch die zwei Hektar umfas- sende Acker-Weinbauwirtschaft von Peter und Theresia Zuber in Auersthal. Aus der Sicht des amtlichen Gutachters handelte es sich zwar um eine „fleißige, ar- beitsame Familie“, die jedoch „ungeschickt in der Wirtschaftsführung“ sei ; daher
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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