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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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451„Aufrüstung“ in den Bergen mit gleichsam ethnographischer Akribie zu fassen suchten. Dabei wurde der Planungsgegenstand vorweg in einen weniger relevanten und einen relevante- ren Teil aufgespalten : Von den 222 Betrieben in der Gemeinde wurden die 37 unter- und kleinbäuerlichen mit weniger als fünf Hektar Betriebsfläche nicht erfasst ; die Besitzer/-innen der verbleibenden 185 mittel- und großbäuerlichen Höfe sollten hinsichtlich der Betriebs- und Haushaltsverhältnisse eingehend be- sichtigt und deren Inhaber/-innen befragt werden. Der amtlichen Durchleuch- tung verweigerten sich 15 Besitzer/-innen zur Gänze, 20 hinsichtlich der über den Betrieb hinausgehenden Befragung zum Haushalt und seinen Angehörigen. Nur fallweise, aber in dennoch bemerkenswertem Ausmaß suchten bäuerliche Hofinhaber/-innen die Grenze zwischen Alltagssphäre sowie dem vom Reichs- nährstand repräsentierten NS-System zu verteidigen. Die Motive der 15 Per- sonen, die ihre Teilnahme am „Gemeinschaftsaufbau“ verweigerten, waren un- terschiedlich gelagert : Drei waren „vermögende Fabrikanten“ ; einer war zum Militär eingerückt ; drei waren „wegen hohen Alters abgeneigt“ ; sechs galten als „ängstlich und misstrauisch“ und zwei  – namentlich genannte  – als „unwillig“. Ungeachtet dieser Ausnahmen bewerteten die Mitarbeiter/-innen des Reichs- nährstandes die beobachteten und befragten Betriebsinhaber/-innen in der Regel als „sehr fleißig und arbeitsam, sehr religiös und durchaus gewillt, mit aller Kraft am Aufbau mitzuarbeiten“.222 Der Fragenkatalog beschränkte sich nicht allein auf betriebswirtschaftliche Merkmale, sondern erstreckte sich auf die Totalität des Alltagslebens, bis hin zu intimsten Details wie Krankheiten, Behinderungen und Fortpflanzungsfähigkeit ; eine Auswahl aus den ausgewerteten Antworten zeigt die Breite und Tiefe des amtlichen Röntgenblickes auf : „Die meisten Geburten weist eine Bäuerin auf mit Kindern 18. Es folgen 2 Frauen mit je Kindern 12, wenige Frauen mit Kindern 8–11. Relativ zahlreich sind die Ehen mit Kindern 6–7. Kinderlos (unfruchtbar) sind Ehen 14 = 9%. […] Die Neigung, die Kinder in die Fachschule zu schicken, ist gering. Begründung : Geldmangel und Unentbehrlichkeit der 14–18 Jährigen. Interesse für Beratung und Kurse im Gebiet selbst ist groß. […] Ehrenamtlich tätig sind : in Partei und Gliederung 40 Leute, im RNSt. 17 Leute, in Vereinen, Genossenschaft usw. 25 Leute. Als chronisch leidend bezeichnen sich Menschen 112 = 8,84 %, geistig abnormal sind 10 = 0,79 %, körperliche Krüppel sind 69 = 5,45 %. Von den in den erhobenen Betrieben arbeitenden 704 Menschen werden als aus- gesprochen untüchtig bezeichnet 29 = 4,12 %, als minder tüchtig 13 = 16,05 %, als tüchtig 562 = 79,83 %. […]
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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