Page - 452 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Image of the Page - 452 -
Text of the Page - 452 -
452 Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“
Badeanlagen sind vorhanden in 12 Höfen, Waschschüsseln sind vorhanden in 102
Höfen. In den restlichen 64 Höfen waschen sich die Leute beim Brunnen oder sons-
tigen Zapfstellen. […]
Von den vorhandenen 166 Küchen sind noch bodenständig eingerichtet 161 =
97 %, verstädtert eingerichtet sind 5 = 3 %. […] „Schwarze Küchen“ offene Herde
werden noch in 3 Betrieben benützt. […]
Von den 545 Schlafräumen sind ausreichend eingerichtet 53 = 10 %, mangelhaft
eingerichtet 492 = 90 %. […]
Alte, bemalte Kästen und Truhen sowie Holzschnitzereien sind noch häufig an-
zutreffen. […]
Ausreichend ausgestattet mit Wäsche und Kleidern u. Schuhen sind nur Höfe 56
= 34 %, hingegen unzureichend Höfe 110 = 66 %. Unzweckmäßige Aufbewahrung
von Schmutzwäsche ist in Höfen 129 = 78 %, unzweckmäßige Aufbewahrung von
Arbeitskleidern ist in Höfen 81 = 49 %. […]
Prof. Hamburger, Wien, bezeichnete die dzt. im Gebiet lebenden Bewohner als
rassisch gut, zwar nicht sehr kräftig, eher etwas unterdurchschnittlich groß, aber als
gesunden, frischen Menschenschlag. […]
In den erhobenen Betrieben werden ständig gelesen Tageszeitungen 97, Fachzei-
tungen 157. Vorhanden sind Fachbücher rund 200, sonstige Bücher rund 400. Radio-
empfangsgeräte besitzen Betriebe 56. […]
Feiertage werden in der Regel im Hause, fallweise bei Nachbarn verbracht. Das
Gasthaus wird von den Bauern nur Sonntags nach dem Kirchgang besucht. Ver-
wandtenbesuche auf der Stadt kommen gelegentlich vor in Betrieben 65, regel-
mäßig kurzfristig in Betrieben 18, regelmäßig über die Schulferien in Betrieben
6. […]
Verschuldet sind 122 Höfe = 71,8 % in der Gesamthöhe von RM 546.737. […]
Handelsdünger wird wenig und einseitig angewendet. […]
Arbeitsmethoden in der Acker- und Grünlandwirtschaft sind rückständig. Säma-
schinen sind unbekannt, Gras- u. Motormäher erst vereinzelt eingeführt, Getreide-
ernte mit Sichel noch üblich. […]
Die Waldbestände werden vielfach schlecht bewirtschaftet. […]
Im allgemeinen ist die Ausstattung mit Maschinen und Geräten unzureichend und
veraltet. […]
Die Wohnhäuser sind im Erdgeschoß meist sehr feucht, da sie wegen der Hoch-
einfahrt über dem Stall im Mitteltrakt möglichst in den Berg hineingebaut sind. […]
Aus gemeinsamer Schüssel wird in 157 Höfen = 95 % gegessen. […]
Bei der Zubereitung der Kost ist in 30 % der Haushalte manches zu bemängeln.
[…]
Fleisch wird in fast allen Höfen täglich gegessen. […] Kartoffel, Milch, Eier, Käse
back to the
book Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Schlachtfelder
- Subtitle
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Author
- Ernst Langthaler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 948
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937