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Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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522 Das „Landvolk“ und seine Meister die Angehörigen ländlicher, kirchlich geprägter Milieus  – teils aus alltagspragma- tischen, teils aus weltanschaulichen Motiven  – der völligen Gleichschaltung. Die „kulturelle Modernisierung“ des Dorfes im Nationalsozialismus via Medialisierung zeigt einen ausgeprägt ambivalenten Charakter.119 Ein Träger der Medialisierung der ländlichen Gesellschaft in Niederdonau war das Wochenblatt als amtliches Zentralorgan der Wirtschaftsberatung des Reichs- nährstandes. Darüber hinaus präsentierte es sich seiner Leserschaft als Zeitung, deren Kolumnen vielfältige Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse erfüllten : welt- und staatspolitisches Geschehen, Fortsetzungsromane, Rundfunkprogramm, Kleinanzeigen und so fort. Die Redaktion erhob den Anspruch, die in der „Sys- temzeit“ zersplitterte und inhaltlich unzureichende Agrarpresse der Bauernbünde und Landwirtschaftskammern zu bündeln und auf ein höheres fachliches Niveau zu heben. Als Hauptschriftleiter fungierte, nach einigen personellen Wechseln, Paul Volpini, der Leiter der Presseabteilung der Landesbauernschaft ; die Autoren und Autorinnen stammten großteils aus den verschiedenen Fachabteilungen und sonstigen Einrichtungen im Umkreis des Reichsnährstandes. Der Bezug war in den ersten Monaten des Erscheinens kostenlos. Ab Juli 1938 kosteten ein Einzel- heft 15 Reichspfennig, ein Halbjahresabonnement 2,40 Reichsmark ; diese Preise stiegen in den Folgejahren nur geringfügig. Die Auflage lag bei über 150.000 Ex- emplaren ; 1941 erreichte die Zahl der Bezieher/-innen an die 100.000, was einer Reichweite von etwa zwei Fünfteln der rund 250.000 Betriebe in der Landesbau- ernschaft Donauland entsprach.120 Wenn diese offiziellen Angaben auch überzo- gen waren, können wir aufgrund der Monopolstellung des Wochenblatts dennoch von einer erheblichen Reichweite unter der bäuerlichen Bevölkerung ausgehen. Das Wochenblatt erschien seinen Machern ausdrücklich als Agent der Mediali- sierung der ländlichen Gesellschaft. Sein Zweck reiche über das bloße Verbreiten von Information hinaus ; vielmehr sei die Zeitschrift, so Landesbauernführer und Landwirtschaftsminister Anton Reinthaller in der ersten Ausgabe im Mai 1938, „[…] vor allem dazu bestimmt, die Erhaltung und Vertiefung dieser Vertrauensbindung [zwischen Führung und „Landvolk“] zu gewährleisten. Wie es einerseits das Sprach- rohr der Führung sein wird, so muß es andererseits der Mittler aller Wünsche und Anregungen sein, die vom Landvolk her an die Führung herangetragen werden.“121 Sinngemäß wies Gauleiter und Reichsstatthalter Hugo Jury dem Blatt die „Aufgabe eines Bindegliedes zwischen dem Bauernvolke und seiner Führung“122 zu. Die Bin- deglied-Metapher wurde 1942 bespielhaft in Szene gesetzt in einer Propagandafo- tografie, die eine rund um den Stubentisch versammelte Bergbauernfamilie bei der aufmerksamen Lektüre der Nationalsozialistischen Landpost zeigt (Abbildung 6.3).
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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