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532 Das „Landvolk“ und seine Meister
Bäuerin : So, das hat er gsagt ? Ja, was passt eahm denn da net ?
Bauer : Mir Bauern werdn da ja als dumm hingstellt, hat er gsagt.
Bäuerin : Ah, da schaust di an ! Dumm hat er gsagt ? Ja, aner muaß der Gscheitere sein,
und i glaub, es is nur recht, wann ma über so manche Dinge, die was net so leicht zan
begreifn sand, aufklärt werdn.
Bauer : I sag ma halt so : A jeder muaß sich was sagn lassn ! Da derf man net so zim-
perli sein ! Wann da a jeder glei beleidigt war, dann gangat des Werkl alleweil schief.
Auf oanmal kanns net gut werdn, wann ma z’erst nix als wia lauter Versteigerungen
und Pfändungen habt habn. Und schon gar net besser kanns werdn, wann si viel Bau-
ern net kümmern, was s’ tuan und wia s’ alls begreifn solln. Lesn s’ denn eppa alls,
was im Wochenblattl steht und was guat für sie war ? Nix lesn s’ oder nur so was, wo
s’ wieder schimpfn kinnan. Aber i sag alleweil so : a anständiger Bauer kann si da gar
net betroffn fühln.
Bäuerin : Recht hast, Mann ! Dö si da betroffn fühln, dös kinnan nur sölchane sein, die
was die Landflucht und alles, was jetzt no net klappt, dem Nationalsozialismus in die
Schuah schiabn wolln. Die verstengan net, dass die andern, die vor dem März 1938 da
warn, die eigentliche Schuld dafür haben, dass s’ mit dem Besserwerdn bei uns Bauern
so hart geht.
Bauer : Jawohl ! Und is des eppa a Schand, wann ma fragt, weil ma was net versteht ?
I denk ma, das kann gar koa Bauer net sein, der was so zimperli wird, wann mir zwoa
redn, wie uns der Schnabel gwachsn is.
Bäuerin : Siagst, das gfallt ma von dir, Mann. Nix is schlechter, als wann oaner sofort
den Beleidigtn spielt und moant, es tuat eahm wer unrecht. Z’dumm is nur, dass si
zeitweis die Anständign, die was ehrli und treu sand, alleweil für die andern, die was
nur eahnern Vorteil und sunst nix möchten, annehmen. Aber mir zwoa haltens weiter,
mir fragen, wann ma was net wissen. Mann, mir zwoa sand net so zimperli und tan
net, wia wann ma die Weisheit mitn großen Löffel gschluckt hättn.
Abbildung 6.5 : Sujet der Kolumne Jo des han i net gwißt …
Quelle : WBLBDL 6/1939, 182.
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Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Schlachtfelder
- Subtitle
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Author
- Ernst Langthaler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 948
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937