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Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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572 Ordnung und Chaos des Marktes Oberdonau und Wien umfasste, stand ein „alter Kämpfer“ der österreichischen Nationalsozialisten : Landesbauernführer Anton Reinthaller, der 1938 auch zum Landwirtschaftsminister im „Lande Österreich“ sowie, nach Inkrafttreten des Ost- markgesetzes 1940, zum Unterstaatssekretär im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft bestellt wurde (Abbildung 7.2).10 Vertikal war die Landesbau- ernschaft Donauland gegliedert in Kreis- und Ortsbauernschaften, an deren Spitze die Kreis- und Ortsbauernführer standen. Die horizontale Gliederung sah, neben den Verwaltungshauptabteilungen, die jeweils dreigeteilten Landes- und Kreis- hauptabteilungen vor : Die Hauptabteilung I („Der Mensch“) war für die rechtli- che, fachliche und ideologische Betreuung des „Landvolkes“ zuständig ; die Haupt- abteilung II („Der Hof“) kümmerte sich um die betriebswirtschaftlichen Aufgaben im Interesse der „Erzeugungsschlacht“ ; die Hauptabteilung III („Der Markt“) re- gelte Ablieferung, Verteilung und Verarbeitung der Erzeugnisse. Auf der Ebene der Landesbauernschaften organisierten die nach verschiedenen Produktsparten gegliederten Wirtschaftsverbände die Herstellung, Verarbeitung, Ablieferung, Ver- teilung und Preisfestsetzung ;11 noch 1938 wurden in den drei Landesbauernschaf- ten der Ostmark Verbände der Getreide-, Vieh-, Milch-, Kartoffel-, Eier-, Brau-, Zucker-, Gartenbau-, Weinbau- und Fischereiwirtschaft gebildet. Durch die Ma- nipulation von Angebot und Nachfrage sowie über das Festpreissystem verfügte der Reichsnährstand über die Instrumente, um den Fluss der Agrarprodukte vom Erzeuger bis zum Verbraucher zu regulieren. Die Preise bestimmte nicht mehr vorrangig die „unsichtbare Hand“ des Marktmechanismus, sondern die ‚sichtbare Hand‘ des Reichsnährstandes.12 Zum Aufgabenbereich der Markthauptabteilung zählte auch die „Bereinigung“ des Verarbeitungs- und Handelsbereichs durch „Arisierung“ ; bis Jahresende 1940 wurden in Wien, Nieder- und Oberdonau 515 jüdische Betriebe stillgelegt, 393 „arisiert“.13 Zur Zeit des „Anschlusses“ Österreichs war die Funktion des Reichsnährstan- des im NS-Staat im Umbruch begriffen. Der Reichsnährstand wurde im Deut- schen Reich 1933 als Selbstverwaltungskörperschaft öffentlichen Rechts mit Zwangsmitgliedschaft aller in der Land- und Forstwirtschaft Berufstätigen  – ein- schließlich der Landarbeiter/-innen  –, der Selbstständigen im Landhandel sowie im Be- und Verarbeitungsbereich, der landwirtschaftlichen Genossenschaften, der marktregelnden Zusammenschlüsse und angegliederter Organisationen ein- gerichtet. Obwohl eine „Interessenvertretung“ im pluralistisch-demokratischen Sinn mit dem diktatorischen „Führerprinzip“ nicht vereinbar war, oblagen dem Reichsnährstand, neben dem vom Staat übertragenen Wirkungsbereich, im eige- nen Wirkungskreis vergleichbare Agenden, wie etwa die „Förderung des deutschen Bauerntums und der Landwirtschaft“, die „Sicherung der Berufsordnung“, ein- schließlich dem „Ausgleich der  – natürlich vorhandenen  – Gegensätze“, und die
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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