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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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575Der Markt und seine (Un-)Ordnung verfahren. Der Absatz, die Verarbeitung, die Verteilung und der Verbrauch solcher Er- zeugnisse richten sich allein nach den Anordnungen der bewirtschaftenden Stelle.“19 Die Palette der bewirtschafteten Produkte, die wenige Tage vor Kriegsbeginn 1939 gesetzlich festgelegt worden war,20 umfasste Getreide, Futtermittel, Tiere und tie- rische Erzeugnisse, Milch und Milchprodukte, Eier und Eiererzeugnisse, Öle und Fette, Trockengemüse, Speisezwiebel, Zucker und Süßwaren, Saatgut und vieles mehr. Alle bewirtschafteten Erzeugnisse landwirtschaftlicher Betriebe, die über die Selbstversorgerrationen hinausgingen, galten mit dem Zeitpunkt des Inkraft- tretens der jeweiligen Verordnung als beschlagnahmt.21 Die Unterscheidung zwischen Normal- und Ausnahmezustand der staatlichen Marktregulation richtete sich nicht nur nach innen, an die wirtschaftsjuristisch geschulten Reichsnährstandsexperten, sondern auch nach außen, an die bäuerliche Leserschaft. Auf diese Weise reagierte das Wochenblatt offenkundig auf den bäuer- lichen Unmut über die Bewirtschaftungsmaßnahmen, der sich auf die Marktord- nungsmaßnahmen übertrug. Dass im bäuerlichen Erfahrungsbereich Marktord- nung und Bewirtschaftung gleichgesetzt wurden, lag auf der Hand ; denn für beide Regulative waren dieselben Organisationen zuständig : die Wirtschaftsverbände. Oder wie es in der offiziellen Diktion hieß : „Die schon im Frieden neugeschaf- fene Organisation der Märkte bildet somit die Grundlage für die im Kriege nötige Bewirtschaftung.“22 Somit war die den Rechtsnormen folgende Unterscheidung zwischen den beiden Bereichen in der Alltagspraxis wenig sinnvoll ; Marktordnung und Bewirtschaftung galten als ein und dasselbe. Was aus bäuerlicher Perspektive wohl mehr zählte, war die Unterscheidung zwi- schen dem „geordneten und gelenkten“ sowie dem „schwarzen“ Markt, mit der sich Hans Merkel aus wirtschaftsjuristischer Sicht auseinandersetzte : „Der geregelte, geordnete und gelenkte Markt dient der Versorgung von Heimat und Front. Deshalb ist es oberste Wirtschaftspflicht aller Betriebe, sich in diesen Markt einzugliedern und den geregelten Marktablauf nicht durch eigenmächtige oder ei- gennützige Handlungen zu stören. […] Der wichtigste Verstoß ist die Beteiligung am schwarzen Markt. Der schwarze Markt ist derjenige Markt, der sich neben dem geregelten Markt bildet und an dem sich der Leistungsaustausch nach Grundsätzen vollzieht, die von der Wirtschaftsführung abgelehnt und missbilligt werden. Er ist deshalb besonders schädlich, weil in ihm Güter eingeführt werden, die auf unrecht- mäßige Weise der Bewirtschaftung entzogen, verwirtschaftet oder auf sonstige unzu- lässige Weise gewonnen oder bereitgestellt worden sind. Gleichzeitig werden hier er- fahrungsgemäß Preise gezahlt oder Tauschmittel gewährt, die die in dem geordneten Markt verkörperte Wertordnung untergraben.“23
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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