Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Page - 678 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 678 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Image of the Page - 678 -

Image of the Page - 678 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text of the Page - 678 -

678 Ordnung und Chaos des Marktes Die Auswertung erfolgte nach Betriebsformen, die entsprechend der Metapher des „ganzheitlichen Organismus“ als Ergebnis natürlicher und gesellschaftlicher Gegebenheiten definiert wurden : „Die Betriebsform ist jenes Ergebnis der naturgesetzlichen Gegebenheiten von Boden und Klima, der Lebensbedingungen der Pflanzen und Tiere einerseits, des Bedarfes des wirtschaftenden Menschen, seiner Wirtschafts-, Rechts- und Eigentumsverhält- nisse, seiner Volks- und Stammeseigentümlichkeiten, seines geschichtlich bedingten Kulturzustandes, des Entwicklungsstandes der technischen Kenntnisse andererseits, das am vollständigsten die jeweilige Art und Weise der Landbewirtschaftung und das Betriebsgefüge zu kennzeichnen vermag.“221 Da die Betriebsformen weniger von den gesellschaftlichen als von den natürlichen Einflüssen  – dem Pflanzenwachstum als Ergebnis von Klima- und Bodenbedin- gungen  – her geprägt erschienen, konnten sie nach Produktionsgebieten gebiets- mäßig abgegrenzt werden. Entsprechend der Vorgabe, über eine bloße Reinertragskalkulation hinausge- hend die Änderungen des Vermögens zum Maßstab zu erheben, nimmt die Er- folgsrechnung, nach Darstellung der Land-, Arbeitskraft- und Viehausstattung, bei einer Übersicht über das Vermögen bäuerlicher Familien ihren Ausgang (Ta- belle 7.24). Aus den geringen Unterschieden der Landwirtschafts- und Gesamt- vermögen zwischen den Betriebsformen schloss der Bearbeiter, „daß in bäuerlichen Gebieten sich die Betriebsform und -größe in Ausnützung der gegebenen natür- lichen Bedingungen mehr dem Bedarf der bäuerlichen Familie angepasst hat, als umgekehrt die die Lebensmöglichkeit aus den gegebenen Verhältnissen ergeben hätten“. Kurz, der „Bedarf“ der bäuerlichen Familie wurde zum „maßgebliche[n] Moment“ der Agrarentwicklung erklärt und als „Begründung der aktiven politi- schen Gestaltung der bäuerlichen Betriebsformen entgegen der liberalistisch-ma- terialistischen Auffassung“ verstanden.222 Dabei lag diese vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Agrarideologie naheliegende Lesart völlig fern der Realität zwerg- und kleinbäuerlichen Wirtschaftens, die in den Buchführungserhebungen konsequent ausgespart wurde. Was nun folgte, war eine klassische Reinertragskalkulation als Differenz aus Rohertrag und Aufwand. Der Rohertrag umfasst alle in einem Wirtschaftsjahr er- zeugten und veredelten Produkte, die in Betrieb und Haushalt verbraucht oder auf Märkten verkauft wurden ; dabei wurden die an das Vieh verfütterten Mengen, die in die Veredelungsproduktion eingingen, nicht mitgezählt. Im Rohertrag pro Hektar Kulturfläche kommen die Eigenarten der Betriebsformen deutlich zum Ausdruck (Tabelle 7.25) : Das Pannonische Flach- und Hügelland zeigte, bedingt
back to the  book Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder