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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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693Vom Wert der Landarbeit folge in höherem Maß vom witterungsempfindlichen, von Jahr zu Jahr schwan- kenden Weinertrag abhängig als die größeren. Eine Missernte in den Weingärten, wie sie alle paar Jahre vorkam, bedeutete  – gerade unter dem Regime der staatli- chen Marktpreisregelung  – einen Ertragseinbruch unter das Existenzminimum. Die Einkünfte aus Rinder- und Schweinehaltung stellten ein zweites Standbein dar. Die Rinderhaltung brachte gut ein Fünftel der Einkünfte ein. Während die Milcherzeugung, auf der der Schwerpunkt lag, in allen Betrieben gleichermaßen zählte, nahm die Bedeutung der Rindermast mit wachsender Betriebsgröße zu. Die Schweinehaltung, die etwa ein Achtel der Einkünfte ausmachte, legte mit wach- sender Betriebsgröße anteilsmäßig zu. Der Getreideverkauf, mit einem Achtel der Einkünfte das dritte Standbein, war nur den Mittel- und vor allem den Großbe- trieben eine Stütze ; die Kleinbetriebe benötigten das Getreide fast zur Gänze zur Selbstversorgung. Für die größeren Betriebe stellte der Zuckerrüben- sowie, nur vereinzelt, der Hülsen- und Ölfrüchteanbau ein viertes Standbein dar. Während die bäuerlichen Hofbesitzer/-innen mit diesen Betriebszweigen ein sicheres Aus- kommen fanden, waren die Kleinhäuslerfamilien auf zusätzliche Einkünfte ange- wiesen ; diese stammten vorwiegend aus der unter „landwirtschaftliche Nebenge- werbe“ rubrizierten Lohnarbeit im bäuerlichen Wein- und Ackerbau. Während die Verteilung der Einnahmenposten, in Abhängigkeit von den jewei- ligen Agrarsystemen, die regionalen Unterschiede hervortreten lässt, sind die Aus- gabenposten der Entschuldungs- und Aufbaubetriebe weitaus ähnlicher gewichtet (Tabelle 7.32, Anhang). Den größten Anteil nahmen die über die Selbstversor- gung hinausgehenden Lebenshaltungskosten der Familie ein ; er war am größten in Kirchberg an der Pielach und Litschau mit etwa einem Drittel, am kleinsten in Matzen mit einem Fünftel. Das Gewicht der Lebenshaltungskosten  – und damit der familienwirtschaftliche Charakter des Betriebes  – nahm mit sinkender Größe zu ; es erreichte in den kleineren Betrieben in Litschau mit knapp der Hälfte aller Ausgaben das Maximum, in den größeren Betrieben in Matzen mit etwas mehr als einem Achtel das Minimum. Mit einigem Abstand folgten die Aufwendungen für Dünge- und Futtermittel, die im Schnitt ein Sechstel betrugen. Während die Anteile in Matzen von den kleineren zu den größeren Betrieben erheblich  – von einem auf zwei Zehntel  – zunahmen, zeigten die übrigen Betriebsgrößen nur ge- ringe Schwankungen. Gemessen an den Ausgaben waren im Regionen- und Grö- ßenvergleich die Matzener Kleinbetriebe am schwächsten, die Großbetriebe am stärksten mit Dünge- und Futtermittelmärkten oder, genauer, mit deren staatlicher Bewirtschaftung verflochten. Nur geringfügig niedrigere Ausgabenanteile, zwi- schen einem Achtel und einem Sechstel, erforderten im Schnitt die Löhne und Sozialversicherungsbeiträge der familienfremden Arbeitskräfte, die durchwegs mit der Betriebsgröße zunahmen. Mit Anteilen von einigen wenigen Prozent der
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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