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Österreich besitzt keine systematische Untersuchung theoretischer Stän-
destaatsmodelle, wie sie 2010 für die Weimarer Republik vorgelegt wurde.111
Diese hat gezeigt, dass die zahlreichen Entwürfe nicht auf einer gemeinsa-
men geistigen Grundlage beruhten, sondern dass unterschiedliche Gruppen
ausdifferenziert werden müssten. Die für Österreich vorliegenden einschlä-
gigen Arbeiten112 werden daher ebenfalls zur Kenntnis genommen (Kap. 3.6).
Der Versuch, die Texte zu klassifizieren, stößt bald an seine Grenzen. Die
den Diskurs tragenden Personen hatten in Hinblick auf Bildung, Interessen
und kommunikative Fähigkeiten, auch auf das intellektuelle Niveau und die
daraus resultierende analytische Qualität der Texte teilweise nur wenige
Gemeinsamkeiten. Das Corpus bildet ein Nebeneinander von wissenschaft-
lichen (bei juristischen Lehrbüchern sind besonders die Einleitungen mit
grundsätzlichen Aussagen von Interesse113), journalistischen, essayistischen
und literarischen Arbeiten; zwischen den beiden letztgenannten Katego-
rien sind memoirenhafte Texte anzusiedeln; manches fällt in die Kategorie
„graue Literatur“. Die darin behandelten Themen sind gesellschaftlicher, po-
litischer, wirtschaftlicher, religiöser, historischer, mitunter philosophischer
Natur. Explizite Bezugnahmen auf das Thema „Stand“ sind kaum zu finden,
subsemantisch oder fragmentarisch kam in verschiedenen Schreibsituatio-
nen aber vieles zum Ausdruck, was diesbezüglich relevant ist.
111 In einer Magisterarbeit wurden alle Werke mit ständestaatlichem Bezug aus Deutschland
zwischen 1918 und 1933 erfasst, sofern sie einen staatsrechtlichen bzw. staatsorganisatori-
schen Anspruch haben; bohn, Ständestaatskonzepte, 5–8 und 125.
112 Vgl. die Liste der Autoren (Kap. 9.3) und das Verzeichnis der Schriften (Kap. 11.4)
113 Selbst Ludwig Adamovichs Lehrbücher, die kaum explizite theoretische Teile enthalten,
sind instruktiv; vgl. buKoscheGG, Das ständisch-autoritäre Österreich, 2 und 67–69.
2.3 DAS TEXTCORPUS 57
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580