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ten gerade dessen aus den Bereichen Wissenschaft und Kunst kommende
„unpolitische“ Mitglieder die Tagesarbeit wenig.1050
3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen
Im Folgenden gilt die Aufmerksamkeit den kritischen Überlegungen der
Zeitgenossen über die Maiverfassung, solchen, die ins politische System ein-
gebunden waren bzw. ihm nahe standen, gleichermaßen wie Gelehrten, die
sich der Thematik aus der olympischen Perspektive ihrer jeweiligen Intel-
lektualität näherten.
Alois Hobelsperger bot eher eine Wiederholung offizieller Standpunkte
und eine Darstellung operativer Probleme als eine tiefer gehende Analyse
und bemühte sich um Rechtfertigung der demokratiepolitisch anfechtba-
ren Aspekte.1051 Ein weiterer dem System nahestehender Kommentator der
Maiverfassung war der Spann-Schüler1052 und katholische Priester Philipp
Bugelnig. Er fühlte sich als „Apostel“ des ständischen Gedankens, den er in
einen umfassenden geistigen (philosophia perennis), aber auch lebensprak-
tischen Kontext einzuordnen bestrebt war.1053 Bereits 1933 mit einem Weg-
weiser zur Realisierung seines ständestaatlichen Konzepts an die Öffentlich-
keit getreten1054, legte er am 1. Mai 1935, dem Jahrestag der Verfassung,
die zweite Auflage dieses Buches vor. Es leuchtet das katholisch-kirchliche
Umfeld aus, dem sich der „christliche“ Ständestaat verpflichtet fühlte; QA
sei die magna charta der ständischen Ordnung.1055 Die aktuelle Verfassungs-
krise deutete Bugelnig als Erscheinung, wie sie in Zeiten gesellschaftlicher
Umschichtung nicht anders zu erwarten sei.1056 Er gestand freilich ein, dass
Österreich vom Ideal weit entfernt sei, und betonte den Übergangscharakter
der Maiverfassung.1057
Eine profundere, in ihrem kritischen Ansatz die eben vorgestellten über-
treffende Analyse der Verfassung von 1934 bot Adolf Julius Merkl. 1930
hatte er vor dem zunehmend autoritären Kurs der österreichischen In-
nenpolitik gewarnt; gegen die Ausschaltung des Parlaments 1933 hatte er
1050 wohnout, Regierungsdiktatur, 138 f. und 204.
1051 hobelsPerGer, Die neue Verfassung, bes. 10 f.
1052 beyer, Ständeideologien, 153 f.; buGelniG, Der Ständestaat, 5.
1053 buGelniG, Der Ständestaat, 15 f.; burZ, Philipp Bugelnig, 146 und 155–157.
1054 wohnout, Verfassungstheorie, 104.
1055 buGelniG, Der Ständestaat, 7 f.
1056 buGelniG, Der Ständestaat, 34–36.
1057 buGelniG, Der Ständestaat, 64–66.
3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580