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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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konservativ-liberalen Sichtweise, der zufolge „echter Liberalismus“158 per se Anwalt des Föderalismus sei.159 Das Bekenntnis zu diesem war daher Ausdruck derselben Grundhaltung wie die Sympathien für die kleinräumige ständisch-korporative Vielfalt in der alten Reichsverfassung, nämlich der Skepsis gegen Modernisierungsphänomene und der Ablehnung des absolu- tistischen Obrigkeitsstaates.160 Die Argumentation erinnert an Otto Brun- ners These, der ursprüngliche Gedanke des Ständetums sei nicht der Wille zur Macht im Staat, sondern zur Freiheit vom Staat gewesen.161 8.5 Das Autoritäre Der autoritäre Charakter des österreichischen Ständestaates ist der Aspekt, der in der historiographischen Auseinandersetzung mit den Jahren 1933– 1938 einen Angelpunkt darstellt. Obwohl der Begriff in der Maiverfassung nicht vorkommt, ist er realgeschichtlich eine erwiesene Tatsache.162 Otto Ender erklärte im Februar 1934, der Übergang zum Ständestaat werde „au- toritär, ja fast diktatorisch sein müssen“.163 Damit meinte er die dictatura im Sinn des republikanischen Rom, nämlich die Notstandsregierung auf Zeit.164 Als Legitimation diente ein Konzept von „Autorität“, das zwar in sich kohä- rent ist, aber zugleich die sie begründenden Werte politisch instrumentali- sierte und Andersdenkende politisch ausschloss.165 Ein zentrales Dokument für diesen Begriff von Autorität ist Dollfuß’ Trabrennplatz-Rede von 1933: Der Kanzler setzte den Akzent nicht wie Au- gust Zell, der, an Hobbes’ dezisionistische Befehlsgewalt erinnernd166, „eine Staatsgewalt mit restloser Autorität“ forderte167, sondern hob den ursprüng- lichen Sinn des Begriffs als „Ansehensmacht“ hervor168: „Autorität heißt nicht Willkür, Autorität heißt geordnete Macht, heißt Führung durch ver- antwortungsbewusste, selbstlose, opferbereite Männer.“169 Wenige Monate 158 Nicht der in Österreich im späten 19. Jahrhundert mächtig gewordene Liberalismus. 159 habermann, Das Maß, 32 und 34. 160 habermann, Das Maß, 95; stollberG-rilinGer, Vormünder, 1–3. 161 brunner, Die Freiheitsrechte, 189–192. 162 diamant, Katholiken, 243; binder/wohnout, Das autoritäre Regierungssystem, 151; wie- derin, Christliche Bundesstaatlichkeit, 33 und 37 f.; wohnout, Regierungsdiktatur, 6. 163 Zit. nach barnay, Erfindung, 402. 164 hanisch, Der lange Schatten, 303; noser, Die historische Tragik, 214 f. 165 stollberG-rilinGer, Die Historiker, 37. 166 GG 1 (1972), 392 f. (Autorität, H. rabe). 167 Zell, Ständische Staats-Gliederung, 5. 168 GG 1 (1972), 382–384 (Autorität, H. rabe). 169 dollfuss an österreich, 31 und 52 f.; vgl. auch Kindermann, Österreich, 93 f.; wohnout, Verfassungstheorie, 134–136. 8.5 DAS AUTORITÄRE 503
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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