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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Deutschland, erklärte die Regierung ihre Absicht, „für einige Zeit autoritär“ zu regieren.49 Grundlage war das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz vom 24. Juli 1917.50 Obwohl die Verantwortlichen von „Selbstausschaltung“ sprachen, herrscht heute Konsens, dass es sich um einen Verfassungsbruch handelte51, umso mehr, als kurz darauf auch der Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde.52 Viele Österreicher, darunter Bundespräsident Wilhelm Miklas53, erfüllte der Vorfall mit Sorge; auch in der Führungsriege der CSP war man sich der Problematik bewusst.54 Stellvertretend für die – auch bür- gerlichen – Intellektuellen, die den Akt missbilligten, sei Gertrud Fusseneg- ger genannt: Sie bewertete ihn als Ausdruck eines „eigenen hausgemachten Absolutismus“, den der Kanzler und „etliche Politiker von sehr undurch- sichtigem Charakter“ an seiner Seite unter dem Eindruck der Ereignisse in Deutschland und Italien in Gang gesetzt habe.55 Der Ausgang der Wahlen in Deutschland am 5. März 1933 bestätigte En- gelbert Dollfuß in seinen politischen Maximen56; auch in internationalen Di- plomatenkreisen wurde ein Zusammenhang gesehen.57 In einer Rundfunk- ansprache bezeichnete er die Ausschaltung des Parlaments als Abschnitt einer organischen Entwicklung, die „zu neuen Formen einer gesunden Volksvertretung führen“ werde.58 Im Mai löste er sich noch entschiedener vom Gedanken einer Rückkehr zum bisherigen Parlamentarismus.59 Im Juli 49 Zit. nach KluGe, Ständestaat, 12; vgl. diamant, Katholiken, 240–242; falle, Wurzeln, 52–59; reichhold, Kampf, 62–65; tálos/manoscheK, Konstituierungsprozess, 11–17; tálos, Handbuch, 53 f. (O. lehner) und 65 f. (A. PelinKa); wohnout, Verfassungstheorie, 59–61; wohnout, Bürgerliche Regierungspartei, 198 f.; wohnout, Schritte, 52 f. 50 brauneder, Verfassungsgeschichte, 232; hanisch, Der lange Schatten, 305; tálos, Herr- schaftssystem (2013), 33 f.; tálos, Herrschaftssystem (2013), 269–273. 51 dreidemy, Der Dollfuß-Mythos, 248; rathKolb, Erste Republik, 497 f.; reiter-ZatlouKal/ rothländer/schölnberGer, Einleitung, 7; sehr versöhnlich die Formulierung eines der So- zialdemokratie nahestehenden Soziologen: „In Anbetracht der politischen Konstellation innerhalb wie auch jenseits der Grenzen Österreichs und der überaus fragwürdigen Be- schlussfähigkeit des Parlaments erscheint es nicht angebracht, in diesem Zusammenhang die Schuldfrage zu stellen.“; simon, Die verirrte Erste Republik, 103. 52 wiederin, Die Rechtsstaatskonzeption, 76–78. 53 lanG, Bundespräsident Miklas, 12–16, 28, 37, 45, 109–115 und 123; später versuchte Miklas den Nationalrat zu reaktivieren; ebd., 23–37. 54 wohnout, Schritte, 54. 55 fusseneGGer, Spiegelbild, 251; vgl. seefried, Reich, 36 f. 56 F. schausberGer, Letzte Chance, 39; G. stourZh, Außenpolitik, 320–322; wohnout, Verfas- sungstheorie, 63 f. 57 wohnout, Bundeskanzler Dollfuß, 611. 58 dollfuss an österreich, 66; vgl. Kindermann, Konservatives Denken, 221; LandGrebe/ weiGl, Aktualität, 153–158. 59 wohnout, Verfassungstheorie, 89. 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN64
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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