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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Neben den offiziellen Botschaftern hielt Italien in mehreren Ländern eine Art Paralleldiplomaten, die geheime politische und/oder propagandistische Missionen durchführten. In Österreich war dies Eugenio Morreale. Das We- sen des Nationalsozialismus mit klarem Blick durchschauend, bekämpfte er diesen nach Kräften und versuchte Österreich davor zu bewahren.580 Da- her war es für ihn bedauerlich, in der Außenpolitik dieses Landes bis 1929 starke Rücksichten auf Berlin feststellen zu müssen, wie aus einem von ihm in deutscher Sprache verfassten Manuskript hervorgeht.581 Morreale pflegte auch Beziehungen zu den Legitimisten.582 Wenn man ei- ner Ende April 1934 im Berliner Auswärtigen Amt entstandenen Aufzeich- nung betreffend die Restauration der Habsburger folgen kann, waren viele Italiener der Meinung, nur durch die Restauration der Habsburger ließe sich die Eingliederung Österreichs ins Deutsche Reich verhindern.583 Über den ermordeten Bundeskanzler Engelbert Dollfuß war der Diplomat voll des Lobes: Im August 1934 veröffentlichte der CS von ihm verfasste „Gedenk- worte“, die den „erfolgreichen Baumeister des österreichischen Neuaufbaus“ zeichneten.584 1936 gab Morreale neuerlich zu erkennen, dass er kein grund- sätzlicher Gegner der Restauration Habsburgs war, denn die Geschichte Ös- terreichs lasse sich von der Geschichte dieses Hauses nicht trennen.585 Der offiziellen italienischen Österreichpolitik entsprachen die legitimisti- schen Sympathien freilich nicht: Schon 1920 hatte Karl Renner gegenüber Ministerpräsident Nitti erklärt, Österreich werde auf eine Restauration der Habsburger verzichten.586 1932 gab Mussolini dann aber zu verstehen, dass er einer Habsburgerrestauration nicht mehr um jeden Preis abgeneigt war.587 1934 erklärte er im Gespräch mit Bundeskanzler Schuschnigg, Ita- lien würde Österreich in diesem Fall keine Schwierigkeiten machen.588 We- nige Monate später, im April 1935, stellte Außenminister Egon Berger-Wal- denegg beim italienischen Staatssekretär für Äußeres Fulvio Suvich589 großes Interesse für die legitimistische Bewegung fest. Er wusste auch von Gesprächen des österreichischen Gesandten beim Völkerbund, Imre von 580 colotti, Fascismo, 304 f.; niGlia, Mussolini, 79; wohnout, Bundeskanzler Dollfuß, 611 f. 581 JedlicKa, Österreich, 46. 582 brouceK, Ein General II, 71; ebneth, Wochenschrift, 43. 583 bertolaso, Die erste Runde, 201. 584 CS 19. 8. 1934 (E. morreale). 585 CS 8. 3. 1936 (E. morreale). 586 malfèr, Wien und Rom, 35–42. 587 KereKes, Abenddämmerung, 106. 588 K. schuschniGG, Requiem, 236. 589 Der aus Triest stammende Suvich hatte in Graz und Wien studiert; er galt als deutsch- feindlich und schätzte Dollfuß; österreicher, Fulvio Suvich, 3, 45, 54 und 61. 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN114
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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