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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Ende September 1930 übernahm Carl Vaugoin die Kanzlerschaft. Auch er ließ der Heimwehr viel Spielraum.623 Wenige Tage nach der Amtseinführung brachte er in einem Schreiben an Mussolini seine Bewunderung für dessen Werk zum Ausdruck und bekundete die eigene Absicht, „auch in meiner Hei- mat die Grundsätze der Staatsautorität und die durch keinen Klassenkampf gestörte Volksgemeinschaft ebenso zu festigen, wie es mir im Bundesheer bereits gelungen ist“.624 Ende März 1931 vernahm Schober, nunmehr Vizekanzler im Kabinett Ender, aus dem Mund des italienischen Gesandten in Wien eher nüchterne Worte: Mussolini werde „ohne besondere Erregung die Lage betrachten und studieren“ und hoffe auch künftig auf gute Zusammenarbeit mit Öster- reich.625 Der Grund für die Vorbehalte des Duce könnte das Faktum gewesen sein, dass Ender keinen Heimwehrvertreter in sein Kabinett geholt hatte.626 Überhaupt durchlebte der Wehrverband 1931 eine Krise.627 Vor diesem Hin- tergrund legte die Zeitschrift StL Wert auf die Feststellung, dass es in Öster- reich faschistische Einflüsse keineswegs gebe.628 Es war allerdings ein Österreicher, der 1931 in der von Giuseppe Bottai herausgegebenen Zeitschrift Critica Fascista629 die Partei des Faschisten Asvero Gravelli ergriff. Der seit 1925 in Rom lebende Schriftsteller Gustav Glässer setzte sich für den im Jahrzehnt nach dem Marsch auf Rom zum Kreis der Vertrauten Mussolinis zählenden Journalisten ein, der später vom Duce fallen gelassen wurde. 1929 erschien erstmals die von Gravelli gegründete Zeitschrift Antieuropa630, die sich zum Sprachrohr junger, mit der bisherigen Entwicklung des faschistischen Regimes unzufriedener Kor- porativisten entwickelte und die Fortführung der faschistischen rivoluzione über die Grenzen Italiens hinaus forderte.631 Sie popularisierte Gravellis Überzeugung vom Scheitern der Prinzipien von 1789 und die Ablehnung des Parlamentarismus und des Völkerbund-Pazifismus.632 Gleich Bottai633 zählte Gravelli bei der Verbreitung faschistischen Gedankenguts im Aus- land auf die nationalen Eliten, mit denen in „circoli antieuropei“ Kontakt 623 colotti, Fascismo, 322 f.; KereKes, Abenddämmerung, 85. 624 ADÖ 7/1045. 625 ADÖ 7/1091. 626 KereKes, Abenddämmerung, 88. 627 colotti, Fascismo, 328 f.; KereKes, Abenddämmerung, 92 f. 628 StL 1931, 538–542 (W. andreae). 629 thöndl, Oswald Spengler, 45 und 186. 630 scholZ, Italienischer Faschismus, 149–158. 631 scholZ, Italienischer Faschismus, 127. 632 scholZ, Italienischer Faschismus, 159 f. 633 scholZ, Italienischer Faschismus, 97 und 123. 3.5 DIE NACHBARSCHAFT DES FASCHISTISCHEN ITALIEN 119
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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