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führer Anfang Juni 1932.646 Für den Herbst plante er einen Putsch, für den
er Mussolini um Waffen bat.647
Dieser ließ dem Kanzler, inzwischen Engelbert Dollfuß, über den ös-
terreichischen Gesandten in Rom seine Wertschätzung ausrichten. Der
eigentliche Grund für die Kontaktaufnahme war aber Hitler, denn den
Duce, seit Juli 1932 auch italienischer Außenminister648, störte es, dass
sich Deutschland über seinen Wiener Gesandten in Österreichs Innenpo-
litik einmische.649 Im Herbst 1932 führte Dollfuß Gespräche mit Ungarns
Ministerpräsidenten Gyula Gömbös über den weiteren Ausbau der österrei-
chisch-italienischen Wirtschaftsbeziehungen.650 Im Raum stand eine öster-
reichisch-ungarisch-italienische Zollunion.651 Einer solchen stimmte Doll-
fuß nicht zu, aber eine Erleichterung des Warenverkehrs, erläuterte er im
Clubvorstand der CSP, sei anzustreben.652 Nach Eugenio Morreale machte er
seine Bereitschaft, sich einem italienisch-österreichisch-ungarischen Wirt-
schaftsbündnis anzuschließen, von einer Revision der faschistischen Politik
in Südtirol abhängig.653
Ebenfalls 1932 veröffentlichte Walter Heinrich den Essay Der Faschis-
mus. Staat und Wirtschaft im neuen Italien.654 Im selben Jahr leugnete der
italienische Journalist Diano Brocchi, dass es zwischen dem Faschismus in
seinem Land und den österreichischen Heimwehren eine völlige Überein-
stimmung gebe.655 Auch liegen keine Hinweise vor, dass Vertreter aus Öster-
reich an einem im November anlässlich der faschistischen Dezennalien von
der Reale Accademia d’Italia veranstalteten international besetzten Kon-
gress in Rom zum Thema „Europa“ teilgenommen hätten.656
Sehr wohl präsent war Österreich hingegen bei einer Ende Mai 1932 in
Mailand abgehaltenen Konferenz des dem Völkerbund angegliederten In-
ternationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit. Hier hatten sich „or-
ganisch eingestellte(r) Nationalökonomen mit den reinsten Liberalisten“
(R. Kerschagl) getroffen. Der österreichische Vertreter lobte das dabei vor-
646 Kindermann, Hitlers Niederlage, 113 f.; Kindermann, Österreich, 142 f.; schmölZer, Beziehun-
gen, 51 f.
647 KereKes, Abenddämmerung, 104–107.
648 österreicher, Fulvio Suvich, 18–24.
649 ADÖ 8/1242.
650 ADÖ 8/1246 f.; vgl. wohnout, Bundeskanzler Dollfuß, 608 f.
651 KereKes, Abenddämmerung, 116 f.; schmölZer, Beziehungen, 45–50.
652 GoldinGer, Protokolle, 40; schmölZer, Beziehungen, 57.
653 JedlicKa, Österreich, 56. Am 4. Februar 1933 bat Sektionschef Richard Schüller Mussolini
um Erleichterungen für die Südtiroler auf kulturellem Gebiet; ADÖ 8/1266.
654 J. reiter, Entstehung, 31.
655 scholZ, Italienischer Faschismus, 143.
656 bauerKämPer, Der Faschismus, 172; scholZ, Italienischer Faschismus, 213–215.
3.5 DIE NACHBARSCHAFT DES FASCHISTISCHEN ITALIEN 121
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580