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Auch Starhemberg leugnete jegliche Beteiligung665, desgleichen Mussolini.666
Diese sogenannte Hirtenberger Waffenaffäre wurde am 8. Januar 1933 durch
die Arbeiterzeitung aufgedeckt. Mussolini fühlte sich von den Sozialdemokra-
ten bloßgestellt.667 Für die österreichische Regierung galt dasselbe hinsicht-
lich ihrer Abhängigkeit vom Faschismus; in den Augen der Garantiemächte
der Pariser Friedensordnung lag eine Verletzung der Bestimmungen von
Saint-Germain bzw. Trianon vor.668 Die Kleine Entente sowie Großbritannien
und Frankreich machten die Auszahlung der 1932 Österreich zugesicherten
Anleihe von einer Bereinigung dieser Angelegenheit abhängig.669 Im Licht
des Aufstiegs der Nationalsozialisten in Deutschland erklärten sich die West-
mächte in der zweiten Februarhälfte dann aber zum Einlenken bereit, sofern
die Waffen bald an den italienischen Absender zurückgingen.670 Am 6. April
1933 erklärte Dollfuß im Clubvorstand der CSP, der Heeresminister werde
für den Abtransport sorgen. Und er fügte hinzu, man werde sich „nicht mehr
weiter an der Nase herumführen lassen von einem der größten Falloten Euro-
pas“.671 Allerdings erfolgte die Rücksendung der Waffen dann doch nicht672, die
Beziehung Rom-Wien wurde angesichts des Drucks aus Deutschland enger als
je zuvor.673
Die Ausschaltung des Parlaments am 4. März 1933 soll ebenfalls auf itali-
enische Anregung erfolgt sein.674 Ernst Karl Winter sprach in einem Schrei-
ben an Mussolini von der Zusammenarbeit der Rechten und der Linken in
Österreich unter italienischer Ägide im gemeinsamen Kampf gegen Hitler.
Dabei rief er dem Duce dessen eigene Aussage in Erinnerung, der Faschis-
mus sei kein Exportartikel. Winter veröffentlichte diesen Brief in den Wiener
Politischen Blättern, die sofort konfisziert wurden; es ist nicht bekannt, ob er
Mussolini erreichte.675
665 linder, Waffenaffäre, 60; woller, Rom, 102.
666 linder, Waffenaffäre, 80.
667 binder, Der Skandal, passim; britZ, Die Rolle, 27 f.; Kindermann, Österreich, 129; linder,
Waffenaffäre, 54 f.; zu den Details der Aufdeckung vgl. ebd. 60–63; tálos, Herrschaftssys-
tem (2013), 29–31.
668 beer, Anschluss, 163 f.; P. berGer, Im Schatten, 286 f.; Gehler, Politischer Wandel, 47;
linder, Waffenaffäre, 56–58.
669 linder, Waffenaffäre, 76–78.
670 beer, Anschluss, 169; KereKes, Abenddämmerung, 123 f.; linder, Waffenaffäre, 84 f.
671 GoldinGer, Protokolle, 219.
672 KereKes, Abenddämmerung, 125.
673 hornbostel, Fremde Einflüsse, 135; linder, Waffenaffäre, 89; rathKolb, Erste Republik,
498.
674 JedlicKa, Österreich, 56; im Vorfeld hatte Dollfuß mit Vertretern Italiens intensiv über die
Verfassungsreform verhandelt; schmölZer, Beziehungen, 107 f. und 114.
675 G. stourZh, Außenpolitik, 324 f., wohnout, Schritte, 70.
3.5 DIE NACHBARSCHAFT DES FASCHISTISCHEN ITALIEN 123
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580