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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Vaugoin ihre Ämter verloren, wurde von Italien aus gesteuert.704 Rom lie- ferte aber auch Österreich betreffende Geheiminformationen nach Berlin, so beispielsweise Ende Juli 1933, dass die Westmächte dafür einträten, die nationalsozialistischen Agitationen dem Völkerbund zu unterbreiten.705 Die Gespräche mit Mussolini über die Verfassungsfrage überließ Dollfuß seinem Sonderbeauftragten Richard Schüller. Am 15. September 1933 teilte dieser dem Duce mit, dass an der Verfassung gearbeitet werde, dass es der Kanzler aber nicht liebe, „wenn ihn dabei Freunde von rückwärts stoßen“. Mussolini war auch darüber befremdet, dass Dollfuß in der programmati- schen Rede vom 11. September die von ihm angeratene „Faschisierung des österreichischen Staates“ nicht angesprochen hatte. In guter Diplomaten- manier zeigte er indes Verständnis und hieß die Politik des Kanzlers grund- sätzlich gut. Dieser wiederum sicherte Mussolini am 22. September in einem Schreiben zu, das Erneuerungsprogramm energisch in die Tat umzuset- zen.706 Parallel dazu versuchte Dollfuß – ohne das Ziel der Unabhängigkeit Österreichs aufzugeben – die Verständigung mit Deutschland.707 Um die Jahreswende 1933/34 drängte Italien besonders heftig auf Umge- staltung des politischen Systems in Österreich und urgierte die Schaffung eines Dreierbündnisses mit Ungarn.708 Dem britischen Außenminister er- klärte Mussolini im Januar 1934, Italien habe bisher im Schutz Österreichs vor Deutschland die Hauptlast getragen.709 Sein Staatssekretär für Äußeres, Fulvio Suvich, der kurz zuvor in Berlin Gespräche geführt hatte710, forderte bei einem im selben Monat abgestatteten Wien-Besuch eine Beschleunigung des Faschisierungsprozesses – einschließlich der Zurückdrängung demokra- tischer Kräfte im christlichsozialen Lager.711 Dollfuß hielt allerdings daran fest, das Tempo selbst zu bestimmen712 – nicht ohne in der Praxis mit der Umsetzung autoritärer Maßnahmen zu beginnen. Der 12. Februar 1934 ist auch im Licht des aus Italien kommenden Drucks zu sehen.713 704 maderthaner/maier, Der Führer, 45; niGlia, Mussolini, 72; schmölZer, Beziehungen, 127– 129; wohnout, Bundeskanzler Dollfuß, 618 f. 705 bertolaso, Die erste Runde, 176; vgl. auch ross, Hitler, 95–97. 706 Kindermann, Hitlers Niederlage, 117 f.; Kindermann, Österreich, 149 f.; maderthaner/maier, Der Führer, 49–51; schmölZer, Beziehungen, 129 f. 707 ross, Hitler, 101–157. 708 KereKes, Abenddämmerung, 176 f. 709 Kindermann, Hitlers Niederlage, 74. 710 schmölZer, Beziehungen, 79–81; wohnout, Bundeskanzler Dollfuß, 621. 711 maderthaner/maier, Der Führer, 57–64; österreicher, Fulvio Suvich, 65–69; ross, Hitler, 166– 168; tálos, Herrschaftssystem (2013), 43 f.; wohnout, Bürgerliche Regierungspartei, 201. 712 stuhlPfarrer, Außenpolitik, 328. 713 colotti, Fascismo, 335; schmölZer, Beziehungen, 81–83 und 131–137; wohnout, Bundes- kanzler Dollfuß, 622–624. 3.5 DIE NACHBARSCHAFT DES FASCHISTISCHEN ITALIEN 127
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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