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diese Politik aus späterer Rückschau zum Vorwurf und bezichtigte ihn des
Machiavellismus.795
In Österreich mehrten sich denn auch die Zeichen der Sorge. Gleichwohl
hörten die insbesondere im CS unternommenen Versuche, den Abessini-
enkrieg wenn schon nicht gutzuheißen, so zumindest zu verstehen und die
vermeintlich problematischen Aspekte der Politik des Völkerbunds ins Licht
zu rücken, nicht auf: „Pazifistischem Doktrinarismus“ verpflichtete Vorge-
hensweisen, so konnte man im Juni 1936 lesen, dürfe es nicht geben: Durch
Österreich sei Italien unlösbar mit Europa verbunden, mit dessen Unab-
hängigkeit verteidige es auch seine eigenen Interessen und die Europas.796
Daher ist es schlüssig, wenn sich der CS auch mit den militärischen Folgen
einer Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich befasste: Sollte es
dazu kommen, so hätte dies für Österreich fatale Folgen.797
Es war ja in der Tat die weitgehende Preisgabe des vormals geschützten
Österreich im Gang; Mussolini übte sogar, wie Theodor Hornbostel berich-
tete, Druck auf Schuschnigg aus, das Abkommen mit Hitler vom 11. Juli
1936 zu schließen.798 Als das Dokument unterzeichnet war, äußerte der
Kanzler dem deutschen Botschafter in Rom gegenüber seine Zufriedenheit
darüber, dass nunmehr „dem unbefriedigenden Zustand Österreichs als ei-
nes Spielballs fremder Interessen ein Ende“ bereitet sei.799 Nach einer Zeit
wachsender Verunsicherung in Österreich betreffend die künftige Haltung
Italiens800 brachte die Achse Rom-Berlin vom 1. November 1936 das defi-
nitive Ende der italienischen Schutzfunktion für Österreich.801 Ihre Trag-
weite, gestand Schuschnigg später, habe man in Österreich zunächst nicht
erkannt.802
Eugenio Morreale, dem Österreichs Unabhängigkeit ein Anliegen war,
lehnte die Richtungsänderung des Duce hinsichtlich dieses Landes ab.803 Ins-
besondere über die Aufmunterung zum Abschluss des Juliabkommens zeigte
er sich besorgt.804 Lange Zeit war er überzeugt, Mussolini werde in jedem
795 K. schuschniGG, Requiem, 231 f.; K. schuschniGG, Im Kampf, 182–185.
796 CS 7. 6. 1936 (N. dohrn).
797 CS 14. 6. 1936 (W. P. hebra-huZe).
798 hornbostel, Fremde Einflüsse, 136; vgl. bauerKämPer, Der Faschismus, 177; orlando,
Rolle, 65 f.; reichhold, Geschichte, 554; schmölZer, Beziehungen, 212–214; G. stourZh,
Vom Reich, 39.
799 K. schuschniGG, Im Kampf, 194.
800 schmölZer, Beziehungen, 216–219.
801 Potočnik, Bewusstsein, 203; schmölZer, Beziehungen, 219–224.
802 K. schuschniGG, Requiem, 232 f.
803 brouceK, Ein General II, 72.
804 ara, Österreichpolitik, 119. 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE
RAHMEN136
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580