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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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te.878 Gleichwohl ließ er nicht locker: 1933, noch ehe es zur formellen Einrich- tung der Korporationen kam, sprach er von einer Wirtschaftsordnung, „die man hierzulande als ‚Gleichschaltung’ bezeichnen würde“. Die Syndikate seien noch auf der Grundlage der alten Klassenschichtung errichtet und bö- ten als rein staatliche Einrichtungen keinen geeigneten organisatorischen Rahmen für die Pflege des Gemeinschaftsgedankens. Daher könne der ei- gentliche Sinn der italienischen Wirtschaftsverfassung nicht in den Syndi- katen liegen; die geplante Errichtung der Korporationen gebe aber Anlass zur Hoffnung auf Verwirklichung echt ständischer Muster.879 Mit nüchternem Blick beobachteten bei allem grundsätzlichen Wohlwol- len auch andere österreichische Wirtschafts- und Sozialwissenschafter die faschistische Realität Italiens. 1932 spendete Hans Riehl seinem Kollegen Wilhelm Andreae Beifall für dessen eben erschienenes, dem Universalismus verpflichtetes Buch Staatssozialismus und Ständestaat. Er teilte die Auffas- sung, dass der italienische Faschismus staatssozialistische Züge aufweise. Staatssozialismus sei aber ein innerer Widerspruch, weil das Ideal des Sozi- alismus ein staatenloses sei, der Staat aber notwendig sei, um gesellschaftli- chen Inhalten eine Form zu geben. Riehls Zustimmung erhielt Andreae auch für die Forderung nach einer klaren Trennung von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft und für die Unterscheidung von Ökonomik und Chrematistik in aristotelischer Tradition880; der Stagirit wurde zu einem Othmar Spann ante litteram hochstilisiert.881 1933 akzentuierte die Zeitschrift StL einen anderen Aspekt des italieni- schen Faschismus, nämlich die weitgehende Theorielosigkeit dieses Sys- tems, in welchem zumal in der Frühzeit in der Tat nur Aktion und Dynamik sowie das Charisma bestimmter Persönlichkeiten zählten.882 Dass seit den späteren zwanziger Jahren eine Rezeption der Gedanken Oswald Spenglers im Gang war, auch von Seiten des Duce selbst, die um 1933 einen Höhe- punkt erreichte883, war nördlich der Alpen offensichtlich nicht bekannt. Als erster griff Othmar Spann selbst das Thema auf: Bei aller Bewun- derung für Mussolinis Leistung sei nunmehr, über zehn Jahre nach dem 878 StL 1932, 97–105 (W. heinrich); der konservative italienische Historiker Renzo De Felice neigte ebenfalls dazu, den Faschismus als modernisierende Kraft zu sehen, die sich aus der Aufklärung bzw. den prometheischen Konzepten des 18. Jahrhunderts ableitete; Payne, Geschichte, 17 und 575. 879 StL 1933, 643–651 (W. heinrich). 880 Vgl. rembold, Das Bild, 81–83. 881 StL 1932, 375–381 (H. riehl). 882 bauerKämPer, Der Faschismus, 66; de felice, Deutungen, 116; Payne, Geschichte, 138; schieder, Der italienische Faschismus, 8 und 58. 883 thöndl, Oswald Spengler, 85 f. 104–109 und 144–146. 3.5 DIE NACHBARSCHAFT DES FASCHISTISCHEN ITALIEN 149
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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