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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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verdrängt würden.308 Auch Leopold von Andrian konnte dem allgemeinen Wahlrecht keine positiven Aspekte abgewinnen.309 Leopold Kunschak spendete dem Wiener Bürgermeister Karl Lueger Bei- fall für seinen Vorschlag, die „Durchführung“ des allgemeinen Wahlrechts solle „in Gruppen, Bauer, Gewerbe, Gebildete, gelernte Arbeiter, nicht ge- lernte Arbeiter“ erfolgen.310 Er dachte also weiterhin in der Kategorie „Kuri- ensystem“, wie es auch Seipel311 vorschwebte. Alois Schönburg-Hartenstein schlug als Alternative zum allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrecht ein Alters-Pluralrecht vor.312 Auch Philipp Bugelnig hielt den Modus von 1907 für keine gute Lösung.313 Johannes Messner gab zu bedenken, in einer echten, organischen Demokratie sei die Stimme des Einzelnen nach seiner Verantwortung abgestuft, nur in der formalen Demokratie gälten alle Stim- men gleich.314 1918/19 erläuterte Seipel, Grundlage der Wahlberechtigung müssten die Familie und der Berufsstand, nicht das Individuum sein.315 Zur selben Zeit begründete Paul Schrecker seine Forderung nach einem Ständehaus mit der Notwendigkeit der einst durch das Herrenhaus gegebenen Mitwirkung erprobter Männer an der Gesetzgebung und mit dem Wunsch nach mehr politischer Kontinuität, für ihn gleichbedeutend mit Unabhängigkeit von Wahlzufällen.316 Otto Ender kleidete den Gedanken ständischer Wahl – im Sinn Othmar Spanns317 – in den Hinweis, Demokratie bedeute nicht, dass jede Stimme gleich viel wiege. Die Maiverfassung gebe dem Volk aber dort Geltung, „wo es mit Recht auf Geltung Anspruch erheben kann“, nämlich in der berufsständischen Ordnung.318 Kurt Schuschnigg warnte vor politi- scher Überbewertung der großen Zahl.319 Dieselbe Überzeugung hatte die Kaisertreue Volkspartei.320 Die Heimwehr forderte, nicht die Mehrheit solle herrschen, sondern das Beste.321 308 CS 11. 3. 1934 (D. v. hildebrand). 309 Prutsch/ZeyrinGer, Leopold von Andrian, 486. 310 KunschaK, Werden, 19. 311 KunschaK, Werden, 27; vgl. auch streitenberGer, Leitbild, 103. 312 holub, Fürst Alois Schönburg-Hartenstein, 27. 313 buGelniG, Der Ständestaat, 20. 314 PytliK, Berufsständische Ordnung, 43. 315 Kraus, „Volksvertreter“, 65; rennhofer, Ignaz Seipel, 161. 316 schrecKer, Für ein Ständehaus, 24. 317 sPann, Der wahre Staat, 58; vgl. auch diamant, Katholiken, 121; resele, Ständestaatskon- zeption, 31 f.; H. walter, Ständewesen, 41. 318 CS 4. 11. 1934 (O. ender). 319 K. schuschniGG, Dreimal, 57 f.; vgl. auch hoPfGartner, Schuschnigg, 75. 320 mosser, Legitimismus, 45. 321 steiner, Wahre Demokratie?, 177. 4. DIE POLITISCH-GESELLSCHAFTLICHE LAGE208
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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