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sich, Bündel von Vorstellungen und Gefühlen, an die sich alle neuen Wahr-
nehmungen anlagerten und die dadurch für das Handeln bestimmend wür-
den.517
Als Aspekt der Philosophie der Person eigens erwähnt wird die Nachbar-
schaft: Auch sie könne auf einer bewussten Entscheidung, personales Ver-
halten zu üben, beruhen. Als Hilfsgemeinschaft nehme sie geregelte Formen
an, indem bestimmte Leistungen durch Sitte, Brauch oder Satzung als Be-
wusstseinskonstanten festgehalten würden; Belege für den Übergang in die
politische Gemeinschaft lägen in den österreichischen Weistümern vor.518
Wo immer Lugmayer Teilgesellschaften zu seinem Thema machte, behan-
delte er Phänomene wie Unterordnung und Überordnung, Befehl und Gehor-
sam, überhaupt Macht auf allen Ebenen als Aspekte des Ordnungswillens
des Urbildes und des Seinsbezugs.519 Die Machtmittel müssten so benutzt
werden, dass die Ausübung der allgemeinen Seinsordnung entspricht: Un-
terordnung unter Gott, Gleichordnung zu den Personen, Überordnung über
die Natur.520
Diese auf Goethes Wilhelm Meister rekurrierende Formulierung war auch
im Denken Robert Krassers und Franz Hörburgers tief verankert. Ersterer
paraphrasierte die einschlägige Stelle521, Letzterer würdigte das gesamte
Kapitel der Wanderjahre als Einführung der Zöglinge in die Ordnungen des
Lebens und der Gesellschaft und in die sittliche Weltordnung: Das indivi-
dualistische Erziehungsziel weiche dem sozialen, die zerstreuende Vielsei-
tigkeit der konzentrierten Einseitigkeit. Von Goethe übernahm Hörburger
auch den Begriff der Entsagung, die für ihn Einordnung bedeutete, und
er zitierte den Dichterfürsten mit der Überzeugung, die letzte und tiefste
Grundlage der Erziehung sei die Ehrfurcht. Bildung beruhe auf den Fak-
toren Individualität und Welt, die einander bedingten: Die Welt sei nicht
bloßes Material zur persönlichen Bereicherung, sondern die Stätte mitschaf-
fenden Handelns.522
Richard Schmitz forderte von den Lehrern die Verbindung der „Pflege
des eigenpersönlichen Bewusstseins mit der planmäßigen Erziehung zur
Ein- und Unterordnung“.523 Rudolf Henz würdigte an einem seiner Ro-
manprotagonisten ein „starkes Mitgefühl mit allem Seienden, mit allen
517 K. luGmayer, Philosophie, 103.
518 K. luGmayer, Philosophie, 104 f.
519 K. luGmayer, Philosophie, 118–120.
520 K. luGmayer, Philosophie, 121.
521 Krasser, Ständestaat, 14; zur dreifachen Ehrfurcht vgl. auch benda, Die österreichische
Kulturidee, 80 f.
522 hörburGer, Geschichte, 97; vgl. auch hörburGer/simonic, Lehrbuch I, 224.
523 R. schmitZ, Die Bedeutung, 8. 5. DER MENSCH IST
PERSON264
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580