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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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sich, Bündel von Vorstellungen und Gefühlen, an die sich alle neuen Wahr- nehmungen anlagerten und die dadurch für das Handeln bestimmend wür- den.517 Als Aspekt der Philosophie der Person eigens erwähnt wird die Nachbar- schaft: Auch sie könne auf einer bewussten Entscheidung, personales Ver- halten zu üben, beruhen. Als Hilfsgemeinschaft nehme sie geregelte Formen an, indem bestimmte Leistungen durch Sitte, Brauch oder Satzung als Be- wusstseinskonstanten festgehalten würden; Belege für den Übergang in die politische Gemeinschaft lägen in den österreichischen Weistümern vor.518 Wo immer Lugmayer Teilgesellschaften zu seinem Thema machte, behan- delte er Phänomene wie Unterordnung und Überordnung, Befehl und Gehor- sam, überhaupt Macht auf allen Ebenen als Aspekte des Ordnungswillens des Urbildes und des Seinsbezugs.519 Die Machtmittel müssten so benutzt werden, dass die Ausübung der allgemeinen Seinsordnung entspricht: Un- terordnung unter Gott, Gleichordnung zu den Personen, Überordnung über die Natur.520 Diese auf Goethes Wilhelm Meister rekurrierende Formulierung war auch im Denken Robert Krassers und Franz Hörburgers tief verankert. Ersterer paraphrasierte die einschlägige Stelle521, Letzterer würdigte das gesamte Kapitel der Wanderjahre als Einführung der Zöglinge in die Ordnungen des Lebens und der Gesellschaft und in die sittliche Weltordnung: Das indivi- dualistische Erziehungsziel weiche dem sozialen, die zerstreuende Vielsei- tigkeit der konzentrierten Einseitigkeit. Von Goethe übernahm Hörburger auch den Begriff der Entsagung, die für ihn Einordnung bedeutete, und er zitierte den Dichterfürsten mit der Überzeugung, die letzte und tiefste Grundlage der Erziehung sei die Ehrfurcht. Bildung beruhe auf den Fak- toren Individualität und Welt, die einander bedingten: Die Welt sei nicht bloßes Material zur persönlichen Bereicherung, sondern die Stätte mitschaf- fenden Handelns.522 Richard Schmitz forderte von den Lehrern die Verbindung der „Pflege des eigenpersönlichen Bewusstseins mit der planmäßigen Erziehung zur Ein- und Unterordnung“.523 Rudolf Henz würdigte an einem seiner Ro- manprotagonisten ein „starkes Mitgefühl mit allem Seienden, mit allen 517 K. luGmayer, Philosophie, 103. 518 K. luGmayer, Philosophie, 104 f. 519 K. luGmayer, Philosophie, 118–120. 520 K. luGmayer, Philosophie, 121. 521 Krasser, Ständestaat, 14; zur dreifachen Ehrfurcht vgl. auch benda, Die österreichische Kulturidee, 80 f. 522 hörburGer, Geschichte, 97; vgl. auch hörburGer/simonic, Lehrbuch I, 224. 523 R. schmitZ, Die Bedeutung, 8. 5. DER MENSCH IST PERSON264
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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