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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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„schmerzlich“.696 Schmerz bereitete ihm, dass die „politische Denkart und Lebensform des alten Konservativismus“ verdrängt worden sei: „Die Kon- servativen aller Nationen des alten Reiches haben den Staat besser bewahrt als so manche ihrer beweglichen, wetterwendischen und jäh entbrennten Nachfahren. Was sie an sozialem Fortschritt, Werken sozialer Gerechtigkeit schufen an einer Zeitenschwelle, an welcher der mächtige Liberalismus noch nicht abgetreten war, ist denkwürdig.“697 Auch bedauerte er, dass seiner Zeit der Sinn für Einrichtungen wie ein adliges Damenstift abhanden gekommen sei698: Die Zeit sei ganz „über sie hinweg geschritten, so wie vieles unter ih- rem Tritt verschwindet, das für veraltet und überwunden gehalten wird und doch in sich, solange es bestanden hatte, etwas Trauliches, aus Zartsinn Ge- borenes war und nur deshalb von uns als überholt betrachtet wird, weil wir gröber und egoistischer geworden sind“.699 Hans Karl Zeßner-Spitzenberg äußerte sich in ähnlicher Weise über Kai- ser Karl: „Sein Verhängnis bestand darin, dass er in seiner vornehmen Na- tur zu rücksichtsvoll war und es versäumte, in seiner Nähe sich aufblähende Überhebung rechtzeitig niederzuschlagen.“700 Friedrich Funder hob an Kurt Schuschnigg nicht nur „seine hohe Intelligenz und seine persönliche Ehren- haftigkeit“ hervor, sondern betonte auch, dass er „kein gefühlsarmer Realist“ gewesen sei, wie man es aufgrund seiner juristischen Strenge und seiner persönlichen Verschlossenheit annehmen könne.701 Lois Weinberger urteilte über den Bundeskanzler, dieser sei „für die damalige Zeit viel zu feinnervig, viel zu vornehm und viel zu gut“ gewesen.702 Weinberger, während des Zweiten Weltkriegs von Karl Lugmayer als kon- genialer Gesprächspartner zu Fragen des Personalismus ausersehen703, gab mit seiner Einschätzung einen Sinn für das Maß zu erkennen, dem auch Dichter in ihren Werken eine Stimme verliehen, etwa Franz Karl Ginzkey.704 Rudolf Henz setzte dem nihilistischen „Dogma der Allerweltsintellektuel- len“, der „von Schwachköpfen und Narren diktierten Automatik“705 und nicht zuletzt dem Utilitarismus Positives entgegen. Wohl aus diesem Grund ließ 696 W. lorenZ, Funder, 11. 697 funder, Vom Gestern, 253 f. 698 Er hatte ein solches in Wien ab 1899 als Verwalter gründlich kennen gelernt; funder, Vom Gestern, 187 f. 699 funder, Vom Gestern, 189. 700 SZ 27. 1. 1929 (H. K. Zeßner-sPitZenberG). 701 funder, Sturm, 237. 702 weinberGer, Tatsachen, 58. 703 F. luGmayer, Karl Lugmayer, 144 ; Pribyl, Der christlichsoziale Politiker, 145. 704 castle, Dichter, 245. 705 henZ, Fügung, 274, 282. 5. DER MENSCH IST PERSON282
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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