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Berufsstände die Rede.827 Die tragenden Kräfte innerhalb des Legitimismus
bekannten sich zum Ständestaat aber nur mit Vorbehalten.828 Daher ist es
nur ein Detail am Rande, dass Erzherzog Karl, der nachmalige Kaiser, um
1905 in Kontakt mit Ottokar Graf Czernin gestanden hatte, der in der Bro-
schüre Österreichs Wahlrecht und Parlament für eine berufsständische Glie-
derung der Wählerschaft zum Abgeordnetenhaus des Reichsrats eingetreten
war.829 Hans Karl Zeßner-Spitzenberg – und mit ihm viele andere Adlige und
Funktionäre830 – betrachtete den Ständestaat nicht als Dauerlösung.831 Ihn
in der bestehenden Form anzuerkennen, wäre er nicht bereit gewesen, weil
er überzeugter Föderalist war – so wie er der Dynastie eine für den Län-
derföderalismus zentrale Rolle bescheinigte: Schon deshalb seien legitimisti-
sche Bestrebungen nötig.832
Nah- und Fernziele, Protagonisten
1921 bescheinigte der Freiherr vielen Gestaltern der aktuellen Politik beste Ab-
sichten und äußerte Verständnis für ihr Bestreben, auf legaler Grundlage zu
arbeiten.833 Manchen Weggefährten aus der CSP warf er allerdings mangelnde
Einsicht in die „Illegitimität der Republik“ vor.834 Er scheint sich auch im Kreis
Gleichgesinnter mitunter unverstanden gefühlt zu haben: Sonst hätte er nicht
jede sich bietende Gelegenheit genutzt, mit enormem Begründungsaufwand
seine Thesen darzulegen835, nicht zuletzt jene, dass die Bevölkerung über die
Ereignisse vom November 1918 keine Klarheit besessen habe, und vor allem
hätte er nicht ausdrücklich erklären müssen, er sei keineswegs „ein pedanti-
scher Jurist und weltfremder Idealist“.836 1925 äußerte er sich sehr beunruhigt
über das Faktum, dass sich sogar einige Monarchisten für den Anschluss an
Deutschland aussprächen: Dies bedeute einen Bruch mit der gesamten überna-
tionalen Geschichte Österreichs und verletze das Legitimitätsprinzip.837
827 F. waGner, Legitimismus, 149.
828 lovreK, Die legitimistische Bewegung, 235.
829 brouceK, Karl I., 14.
830 Als besonders qualifizierte Stimme sei Willibald Plöchl genannt; neuhäuser, Legitimismus,
17 f.
831 waltersKirchen, Blaues Blut, 29 und 65.
832 CS 5. 1. 1936 (H. K. Zeßner-sPitZenberG).
833 NR 17. 7. 1921 (H. K. Zeßner-sPitZenberG).
834 NR 11. 9. 1921 (H. K. Zeßner-sPitZenberG).
835 NR 31. 7. 1921 (H. K. Zeßner-sPitZenberG).
836 NR 14. 11. 1925 (H. K. Zeßner-sPitZenberG).
837 NR 4. 7. 1925 (H. K. Zeßner-sPitZenberG). 5. DER MENSCH IST
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580