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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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keine zeitliche, sondern nur logische Priorität habe. Nur in der Gezweiung könne Selbst-Bewusstsein entstehen: So schaffe beispielsweise das Kind die Mütterlichkeit. Als weitere mögliche Pole nannte Spann: Lehrer-Schüler, Priester-Laie, Künstler-Publikum.24 Der Einzelne werde folglich erst als Glied der als Körper verstandenen Gesellschaft zu einer geistig-sittlichen Persönlichkeit. Kein Gefühl, kein Ge- danke könne entstehen, ohne von einem anderen mitempfunden (oder abge- lehnt) zu werden.25 Die aus den Gezweitheiten hervorgehenden Lebenskreise, die, weil klein, zu einer starken Zerklüftung der Gesellschaft führten, bezeich- nete Spann als Stände.26 Als Organisationen jener Menschen, die „verhältnis- mässig gemeinsame Lebensaufgaben“ haben27, besäßen sie ihre Wesenheit „in Entsprechung zu anderen Ständen“.28 Ausdrücklich erklärte Spann, dass da- mit nicht die herkömmlichen ordines gemeint seien.29 Jeder Mensch finde sich in vielen Lebenskreisen (Familie, Kirche, Heer, Vereine, Staat, Religion, Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Recht, Wirt- schaft) wieder, jeweils in unterschiedlicher Innigkeit und Rangstellung und entsprechend unterschiedlich davon geprägt; eine ständelose Gesellschaft wäre ein bloßer Haufen.30 So wie Gezweiung weder zwischen völlig Ungleichen noch zwischen völlig Gleichen möglich sei, sondern nur zwischen Gleichgearteten, die einander ergänzten, kennzeichne den Stand eine gleichartige, allerdings abgestufte Geistigkeit. Der echte Stand habe den Zug zur Festigung seiner Organisa- tion in völliger Autonomie, zur Ausschöpfung seines spezifischen Aufga- benkreises, zur lückenlosen Einbeziehung aller zugehörigen Mitglieder und zur Entwicklung spezifischer Erziehungsformen. Seine Merkmale seien Gleichartigkeit des Lebensinhalts, der Lebenshaltung und der Gesinnung 24 sPann, Der wahre Staat, 34; vgl. becher, Der Blick, 110; bohn, Ständestaatskonzepte, 33– 35; diamant, Katholiken, 211; heinrich, Ständewesen, 3; Kaltenbrunner, Europa, 384 f.; LK, 519 und 570 (F. romiG); K. luGmayer, Grundrisse, 134 f.; mayer-tasch, Korporativis- mus, 28–35; Pichler, Welt als Ganzes, 247; Pichler, Werk, 20; rassem, Othmar Spann, 89 und 96; resele, Ständestaatskonzeption, 11; schneller, Zwischen Romantik und Faschis- mus, 19; simonett, Die berufsständische Ordnung, 48–52; streitenberGer, Leitbild, 226. 25 diamant, Katholiken, 118 f.; heinrich, Schlüsselbegriffe, 343; heinrich, Ständewesen, 3; Pichler, Werk, 88 und 209–211; resele, Ständestaatskonzeption, 14. 26 bohn, Ständestaatskonzepte, 34; rassem, Othmar Spann, 96. 27 P. nolte, Die Ordnung, 180. 28 sPann, Der wahre Staat, 200 f. 29 heinrich, Schlüsselbegriffe, 348; Pichler, Werk, 21. 30 sPann, Der wahre Staat, 197; becher, Der Blick, 129 f.; heinrich, Schlüsselbegriffe, 344 f.; Pichler, Werk, 21, 89 und 248–250; PytliK, Berufsständische Ordnung, 25; LK, 43 (F. romiG); senft, Im Vorfeld, 81; H. walter, Ständewesen, 4–8. 6. STANDESBEWUSSTSEIN304
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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