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re“.155 Sie zu wahren sei die Pflicht eines jeden; sie sporne zu weiterem Tun
an und bilde die Grundlage eines gedeihlichen Zusammenlebens.156 Auch Jo-
hannes Messner157, Anton Klotz158 und Franz Hörburger159 bedeutete dieser
Gedanke viel. Auf den eigenen Stand stolz zu sein160, durch ihn Unterschiede
zu betonen und Individualität auszudrücken, galt als sinnvolle Alternative
zur Egalisierung und Funktionalisierung des modernen Menschen.161
Das NR zitierte 1920 die Zeitschrift Christliche Demokratie mit der Defini-
tion, ein Stand sei „ein Sittenkörper, keine nur materielle Zusammenfassung
der Angehörigen desselben Berufs“; er verlange „sittliches Ein- und Unter-
ordnen unter die Gesamtheit, sittliches Erfassen von Standespflichten, sitt-
liche Hochhaltung der Standesehre, sittliches Verantwortungsgefühl für den
Standesnachwuchs“.162 Ruf und Ehre seien entscheidend für den Anteil, den
ein jeder an den Gütern des Gemeinschaftslebens nehmen könne, und für
seinen gesellschaftlichen Einfluss; dies wiederum wirke anspornend, so dass
ein jeder durch gutes Beispiel der Gesellschaft zurückerstatte, was sie ihm an
Wertschätzung und Ehre erweise.163 Felix Klezl hielt die „Standesehre und
Standesgesinnung“ für mindestens ebenso wichtig wie die „wirtschaftliche
Verrichtung“.164 Oskar von Hohenbruck stellte die „Standesgesinnung“ der blo-
ßen „Organisation“ gegenüber: Beruhend auf „Schicksalsverbundenheit […],
Standesehre und Standesliebe“, sei sie der wichtigere Faktor.165 August Zell lei-
tete sie aus dem „Standesinteresse“ sowie aus der gemeinsamen Arbeit ab. Zur
Aufrechterhaltung der inneren Harmonie sah er Standesschiedsgerichte vor.166
Hohenbruck präzisierte: Die Standesgerichtsbarkeit könne sich nicht nur auf
den Beruf erstrecken, sondern müsse alle Lebensäußerungen umfassen.167
In der 1936 gegründeten Pressekammer gehörten die Pflege von „Stan-
desehre“ und „Standesansehen“ zu den vorrangigen Aufgaben168; der Aus-
155 schindler, Lehrbuch III, 816; vgl. LThK/III 9 (2000), 924 f. (N. GlatZel).
156 schindler, Lehrbuch II, 256–358.
157 messner, Ordnung, 14; vgl. streitenberGer, Leitbild, 181; PytliK, Berufsständische Ord-
nung, 137.
158 KlotZ, Probleme 2, 159.
159 hörburGer/simonic, Lehrbuch II, 11.
160 orGler, Ständestaat, 234.
161 PelinKa, Stand, 19.
162 NR 20. 6. 1920.
163 schindler, Lehrbuch III, 555.
164 KleZl, Beruf, 96.
165 v. hohenbrucK, Zur Frage, 6 f.
166 Zell, Ständische Staats-Gliederung, 15 f.; vgl. auch K. schuschniGG, Österreichs Erneue-
rung, 117.
167 v. hohenbrucK, Zur Frage, 14.
168 Golowitsch, Der berufsständische Aufbau, 54 und 72; Kromar, „Österreich-Mythos“, 72.
6.
STANDESBEWUSSTSEIN318
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580