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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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schen Anerbenrechts337; nur wenn ein Gut genügend groß sei, könne eine Teilung stattfinden. Für den Fall von „Misswirtschaft“ sah sie das Eingrei- fen der ständischen Kontrollbehörde vor.338 Demselben Grundanliegen verpflichtet, doch ohne den totalitär anmuten- den Ansatz der Spann-Schülerin griff Leopold Teufelsbauer das Thema auf. Zwar scheute er sich nicht festzustellen, der – im Übrigen namengebende – Hof sei wichtiger als der Bewohner, aber am Reichserbhofgesetz von 1933 bemängelte er, dass es weichende Erben und Töchter benachteilige. Unein- geschränktes Lob spendete er den Höfegesetzen der Länder Tirol und Kärn- ten von 1900 bzw. 1906, in denen die Unteilbarkeit festgeschrieben war; für Geschwister forderte er ein „Heimgangsrecht“.339 Der Dechant sah im Bau- ern das Verbindungsglied zwischen Vergangenheit und Zukunft – so wie die bäuerliche Arbeit nur Ruhepausen, aber kein Aufhören kenne, daher „ewig“ sei.340 Karl Lugmayer sprach vom Bauernhof, der über den Geschlechtern stehe.341 Guido Zernatto wies darauf hin, dass es kaum irgendwo einen Ar- beiter der dritten Generation gebe, während in bäuerlichen Geschlechtern lange Generationenfolgen rekonstruierbar seien.342 Ludwig Strobl erklärte 1934, der österreichische Bauer sehe „nicht in seinem Hof ein Unternehmen, dessen Erträgnisse die Bedürfnisse der Besitzerfamilien zu decken haben, sondern der Bauer und seine Familie dienen dem Hof“.343 Philipp Bugelnig verankerte diesen Gedanken im Kontext des organizistischen Weltbildes, wobei allerdings Darwin mitschwang.344 Im Spann-Kreis wurde außer der Landwirtschaft im Allgemeinen der Forstwirtschaft im Besonderen hohe gesellschaftspolitische Relevanz be- scheinigt, nicht zuletzt deshalb, weil sie ein Denken in ungewöhnlich langen Zeiträumen erfordere: Die Ernte erfolge meist erst in der dritten oder vierten Generation. Wegen der hohen ökologischen Bedeutung des Waldes verlange sie einen hohen „sittlichen Geist“ und lasse jegliches Vorteilsstreben des Ein- zelnen nicht zu.345 So romantisch die eben referierten Vorstellungen klingen: Der konserva- tiv-liberale Ökonom Wilhelm Röpke ließ sie vorbehaltlos gelten346, ja neigte 337 sPinnhirn, Agrarpolitik, 70 f. 338 sPinnhirn, Agrarpolitik, 27–29. 339 CS 17. 6. 1934 (L. teufelsbauer). 340 teufelsbauer, Landfrauenarbeit, 1. 341 K. luGmayer, Leos Lösung, 48. 342 Zernatto, Die Wahrheit, 17. 343 Zit. nach KluGe, Dollfuß, 129. 344 buGelniG, Der Ständestaat, 18. 345 StL 1935, 122–138 (L. vorreiter). 346 habermann, Das Maß, 42. 6. STANDESBEWUSSTSEIN334
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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