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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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nicht stattfinden. Solange sich Kapitalwirtschaft an das Sittengesetz ge- bunden fühle, könne sie nicht grundsätzlich mit Kapitalismus gleichgesetzt werden. Dieses Wort verwendete er für die „ungeordnete, verderbte Kapi- talwirtschaft“.400 Ein geordneter Kapitalismus sei mit der berufsständischen Ordnung vereinbar, weil der Mensch im Mittelpunkt stehe.401 Wegen der weitgehenden Einheit von Kapital und Arbeit setzte Hermann Stipek viele Hoffnungen in das Handwerk.402 In weiterem Sinn in die Autarkiethematik fiel das Konzept der Bedarfs- deckung aus inländischer Produktion. Gertrud Spinnhirn sprach sich gegen „Freihandel“ aus. Sie wusste aber, dass eine völlige Aussetzung des Außen- handels nicht möglich war, und hieß ihn daher gut, sofern er sich auf das unbedingt Nötige beschränke.403 Friedrich von Weichs akzeptierte Autarkie allenfalls als Übergangslösung; in seinem ständestaatlichen Entwurf sah er auch Außenhandel vor404, sofern von freihändlerischen Methoden Abstand genommen werde.405 Auch Hermann Strubers Ideal wäre der Verzicht auf jegliche Einfuhr und Ausfuhr gewesen, aber er beugte sich den Erfordernis- sen der Zeit.406 Er hatte erkannt, dass völlige Autarkie nicht mehr möglich war, weil sie den Verzicht auf inzwischen selbstverständlich gewordene Kul- turgüter bedeutet hätte. Ausdrücklich berief er sich auf Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergis Paneuropa-Konzept.407 Die Pläne des französischen Ministerpräsidenten Aristide Briand zu einer Europäischen Föderalen Union408 wurden in Österreich hingegen abgelehnt, weil sie nicht zu einer organischen Gliederung führen, sondern nur organisatorisch eine Friedens- organisation herbeiführen würden.409 Mit Blick auf die Nachfolgestaaten der Monarchie waren sie in den frühen dreißiger Jahren auch kaum realis- tisch.410 Josef Reither erklärte 1935 in einer Propagandaschrift vollmundig, Österreich sei dem Ideal der Autarkie schon sehr nahe.411 Obwohl Überzeugungen der eben beschriebenen Art durchaus verbreitet gewesen zu sein scheinen – auch Mussolini bezeichnete 1936 im Licht der 400 v. weichs, Der Weg, 35–41. 401 v. weichs, Der Weg, 53. 402 stiPeK, Das Werden, 12 f. 403 sPinnhirn, Agrarpolitik, 33–35. 404 v. weichs, Der Weg, 32 f. 405 v. weichs, Der Weg, 54. 406 struber, Österreichs Wiederaufbau, 23. 407 struber, Österreichs Wiederaufbau, 47 f. 408 matis, Wirtschaftliche Mitteleuropa-Konzeptionen, 233 f. 409 busshoff, Dollfuß-Regime, 48. 410 matis, Wirtschaftliche Mitteleuropa-Konzeptionen, 230. 411 unterrainer, Wirtschaftspolitik, 65. 6.5 BAUERNTUM ALS IDEAL 339
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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