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dieses Vereins waren Intellektuelle und Städter, die mit den Bauern in ir-
gendeinem Verhältnis standen.488
Clemens Holzmeister lobte 1932 in einem mit Innenkolonisation – eine
Kulturaufgabe überschriebenen Zeitungsartikel die Tendenz, Wohnhäuser
mit Gärten zu errichten, die der Selbstversorgung der Städte dienten; auf
diese Weise sichere der Staat dem „Siedler“ ein Mindestniveau.489 Der Ar-
chitekt bezog sich auf eine auch in Deutschland wirksam gewordene, von
Oswald von Nell-Breuning 1929 in der Leo-Gesellschaft vorgestellte490 Be-
wegung, die einerseits in anarchischen Kreisen viel Zuspruch fand, ande-
rerseits eine konservative Alternative zu sozialistischer Wohn- und Lebens-
kultur darstellte. Meist ging es nicht um Vollerwerbsstellen, sondern um
die Schaffung von Möglichkeiten eines Nebenerwerbs, beispielweise an den
Stadträndern.491 Leitend war das Bemühen, die „Bodenverbundenheit“ der
Menschen zu fördern, Großgrundbesitz nach Möglichkeit nicht entstehen
zu lassen und – besonders wichtig für den Wiener Bürgermeister Richard
Schmitz – die Arbeiterschaft politisch zu befrieden.492 In dieselbe Richtung
gehende Bemühungen prägten zeit seines Lebens das politische Wirken Lo-
renz Karalls493, aber auch Wilhelm Röpke sah hier eines seiner Ideale ver-
wirklicht.494
Karl Lugmayer hatte für seine Forderung nach einer bescheidenen Land-
wirtschaft zur Selbstversorgung der Arbeiter tiefer liegende Gründe als le-
diglich politische: „Soll er jedes Salathäuptel, jede Schnittbohne am Markt
kaufen? Das ist ein Widerspruch zum menschlichen Wesen selbst. Unser
Wesen drängt auf Einheit.“495 Aus ähnlichen Gründen unterstützten Anton
Orel und die Österreichische Aktion den Siedlungsgedanken.496 Ernst Karl
Winter bezeichnete den Siedler als „Kulturmenschen des 20. Jahrhunderts“,
denn Sesshaftwerdung sei die Voraussetzung kultureller Höchstleistung.497
Das Unternehmen diente also nicht nur der wirtschaftlichen Entlastung der
Familien, sondern hatte auch ein erzieherisches Anliegen.498
488 burKert-dottolo, Das Land, 42.
489 Knofler, Clemens Holzmeister, 1265 f.; brandstetter, Anarchismus, 34–43; Kriechbaumer,
Erzählungen, 151.
490 SZ 13. 10. 1929 (O. v. nell-breuninG).
491 hoffmann, „Nimm Hack’ und Spaten …“, 217–250.
492 brucKmüller, Bauern, 121; hoffmann, „Nimm Hack’ und Spaten …“, 174–194; vallaZZa,
,,Wir bauen auf“, 216–219, 224 f. und 236.
493 wurm, Dr. Lorenz Karall, 158 und 198.
494 mooser, Liberalismus, 145.
495 K. luGmayer, Leos Lösung, 67.
496 orel, Ständeordnung, 46–51 und 59; vgl. reichhold, Anton Orel, 28.
497 heinZ, E. K. Winter, 265 und 331; vallaZZa, ,,Wir bauen auf“, 248 f.
498 MSchKP 1, 270 und 382; StL 1935, 326 (K. doleschal); Grantl, Arbeitsschlacht, 8.
6.5 BAUERNTUM ALS IDEAL 349
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580