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Order aus Deutschland nicht rechtzeitig eingetroffen war, trotzdem abgehal-
ten, und das Ergebnis lautete zu 100 Prozent für Österreich.1043
Eines der zentralen Motive für den Wunsch nach Eigenstaatlichkeit
waren Vorbehalte gegen das preußisch-protestantische Land. Soweit es
auch hier betont deutsche Richtungen gab1044, dürften sie den Katholiken
Deutschlands nahegestanden haben, die sich vom Anschluss Österreichs
eine Stärkung ihrer eigenen Position erhofften.1045 Johannes Messner ver-
fasste 1927 für das NR einen kurzen Bericht über eine in Wien abgehaltene
internationale Beethovenfeier, in deren Rahmen der deutsche Reichskanzler
Wilhelm Marx an die geschichtliche Aufgabe des deutschen Volks erinnert
habe; dass er dies gerade in der österreichischen Hauptstadt getan habe, ließ
Messner folgern, dass die Anschlussbewegung nicht mehr im Raum stehe;
allenfalls könne von einem „Zusammenschluss“ die Rede sein.1046
1937 legte die SZ dar: Als selbständiger Staat könne Österreich dem
Deutschtum mehr dienen denn als Provinz, und man dürfe nicht vergessen,
dass von hier aus Jahrhunderte lang Weltpolitik – und somit „Weltkultur“
– gemacht worden sei.1047 Anton Klotz versuchte das Bewusstsein dafür zu
schärfen, „dass die Deutschen Österreichs auf ihrem Boden nicht nur Stam-
mesgeschichte und nationale Geschichte, sondern Weltgeschichte gestaltet
hatten“1048; die „liberalen“ Befürworter des Anschlusses verleugneten öster-
reichische Tradition.1049
Diese Worte dürfen als treffende Umschreibung der sogenannten Öster-
reichidee bezeichnet werden: Durch Reflexion über das historische Wesen
der 1918 entstandenen Republik glaubten die Anschlussgegner dem Nati-
onalsozialismus geistigen Widerstand entgegensetzen zu können.1050 Unter
dem Eindruck des Aufstiegs Hitlers gaben auch die Sozialdemokraten ihre
anschlussfreundliche Haltung auf.1051
Ein Anwalt dieser Österreichidee war, obwohl er teilweise romantischem
Pangermanismus erlag, Kurt Schuschnigg.1052 Anton Rintelen, der ihm 1936
1043 GanGlmair, Widerstand, 9.
1044 brucKmüller, Nation Österreich, 307.
1045 brandl, Kaiser, 444; KlotZ, Sturm, 26 f.
1046 NR 26. 11. 1927 (J. messner).
1047 SZ 31. 1. 1937 (danubianus).
1048 KlotZ, Sturm, 8.
1049 KlotZ, Sturm, 22.
1050 Kindermann, Hitlers Niederlage, 46–56; Kindermann, Österreich, 64 f. und 242 f.; poin-
tierte Gegenüberstellung der Unterschiede zwischen nationalsozialistischer Ideologie und
Österreichidee ebd., 90–92.
1051 KlotZ, Sturm, 26.
1052 Potočnik, Bewusstsein, 202; kritisch zu Schuschniggs Österreichbewusstsein äußerte sich
Ernst Karl Winter; ePPel, Österreicher 2, 504. 6.
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580