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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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seitigt wurden“1090, passten in dieses Bild. Das Nichtvorhandensein einer syste- matischen Verfassung, der Vorrang der Tradition vor dem positiven Recht und der hohe Stellenwert des Gedankens der Treue sind Aspekte, die für Vertreter personalistischen Denkens nur positiv zu Buche schlagen konnten.1091 Die Schuld am Zusammenbruch dieses Reichs, so die in Österreich vor- herrschende Meinung, trage der in Deutschland an den Tag gelegte Natio- nalismus, der auch mit dem Protestantismus in Zusammenhang stehe.1092 Der Gedanke des Sacrum Imperium habe nur in Österreich überlebt; hier sei – gerade nach dem Kulturbruch der Reformation – das für das Reich Ty- pische erhalten geblieben1093, während das 1871 gegründete „Zweite“ Reich gegen die Tradition des „Ersten“ entstanden sei.1094 Einem „westlerischen“ Staatsideal verfallen, sei es, so Anton Klotz, nicht auf einer tragenden Idee, sondern „auf dem Flugsand des Liberalismus aufgebaut“ gewesen.1095 Er sah einen Zusammenhang zwischen Reichsidee und Katholizismus; den Begriff „Staatsidee“ verband er mit Liberalismus, Sozialismus, Preußentum und Protestantismus. Daher liege in Österreich die Basis für ein starkes Mit- teleuropa.1096 Aus ähnlichen Gründen sah Gonzague de Reynold nur in Ös- terreich die Möglichkeit eines Fortlebens der alten Reichsidee.1097 Gertrud Fussenegger hatte die Lektüre des Buches Sacrum Imperium von Alois Dempf (1929)1098 einen Begriff vom Reich vermittelt, das deshalb höhere Wertschätzung verdiene als ein Staat, weil es, anders als dieser, für mehr als sich selbst „politische und sittliche Verantwortung“ trage.1099 Ähnliche Worte fand, traumatisiert von den Ereignissen des März 19381100, ihr Dich- terkollege Alexander Lernet-Holenia: Hitler wisse nicht, was ein Reich sei, verwechsle es mit einem Staat, „etwa wie sonst die Leute die Wohlfahrt des Daseins mit der Berufung, Menschen zu sein, verwechseln“.1101 Alexander 1090 stollberG-rilinGer, Das Heilige Römische Reich, 36. 1091 cole, Il Sacro Romano Impero, 275; maZohl-wallniG, Zeitenwende, 183–188; stoll- berG-rilinGer, Reich, 7. 1092 suPPanZ, Österreichische Geschichtsbilder, 77–80; die enge, machtstaatliche Vorstellung des 19. Jahrhunderts versperrte den Blick für die alte Reichsidee; KamPmann, Das Heilige Römische Reich, 721. 1093 ebneth, Wochenschrift, 138 f. 1094 ePPel, Zwischen Kreuz, 137; lanGewiesche, Was heißt, 33. 1095 KlotZ, Was wird, 79–82. 1096 KlotZ, Was wird, 68; KlotZ, Sturm, 5 f.; vgl. seefried, Reich, 420. 1097 SZ 23. 1. 1927 (G. de reynold). 1098 Zu diesem Buch battisti, Alois Dempf, 227 f.; berninG, Alois Dempf, 100–106; schmuGGe, Alois Dempfs „Sacrum Imperium“; zu Dempfs Reichsidee seefried, Reich, 186. 1099 fusseneGGer, Spiegelbild, 289; vgl. maZohl, Il Sacro Romano Impero, 59–61. 1100 Roček, Die neun Leben, 202 f. 1101 lernet-holenia, Der Graf, 31; vgl. mayer, Wunscherfüllungen, 94–96. 6.8 ÖSTERREICHBEWUSSTSEIN VERSUS NATIONALSOZIALISMUS 407
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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