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als eine Notwendigkeit.212 Ulrich Ilg forderte von ihnen die Beachtung des
Sittengesetzes.213
Othmar Spann brachte Autorität mit „Kraft der Überzeugung“, mit „Dig-
nität“ der von ihren Trägern verkörperten Werte und mit „Dienstgesinnung“
in Verbindung und definierte sie als „Führungsmacht kraft geistiger Gültig-
keit“, die sich von bloß physischer Gewalt unterscheide.214 Machtausübung
„ohne die Grundlage geistiger Gültigkeit“ sei ein Missbrauch.215 Für Julius
Raab beruhte Autorität auf einem wechselseitigen Verhältnis von Vertrauen
und Obsorge für die Geführten.216 In der pädagogischen Fachliteratur der
dreißiger Jahre stand die auf Zwangsmittel nicht angewiesene Autorität der
Person im Mittelpunkt, etwa die durch Vorbildlichkeit erworbene „innere“
Autorität des Lehrers.217
Josef Dobretsberger argumentierte rechtsphilosophisch: In Abgrenzung
von Positivismus und Neukantianismus räumte er dem Prinzip der Ge-
rechtigkeit Priorität vor absoluter Rechtssicherheit ein. Auch gebe es Situ-
ationen, die Ausnahmen erforderlich machten: Der autoritäre Staat, so in
Anlehnung an den Tübinger Staatsrechtler Fritz Freiherr Marschall von
Bieberstein, sei „eine Absage an den Rechtsformalismus und ein Bekenntnis
zum lebendigen Recht, [...] weil er sich grundsätzlich auf den Boden der Dy-
namik stellt“; in ihm trete an die Stelle der gesetzlichen Einzelregelung das
freie Ermessen.218 Im österreichischen Ständestaat würden „zwei ehemals
unvereinbare Gegensätze verbunden: Autorität und Freiheit“.219 Für Anton
Klotz waren diese „nicht Feinde“, sondern komplementäre Größen, „wenn sie
im richtigen Verhältnis gemischt“ seien.220
Konstantin von Hohenlohe begründete die Autorität damit, dass „der
amorphe Körper Volk“ einen „ergänzenden Denk- und Willensapparat“ brau-
che, gleich dem Vormund eines Minderjährigen. Es sei aber nicht so, dass
sich das Volk gegen ungerechtfertigte Lasten keinen Widerstand erlauben
dürfe, sofern es ihn über die Stände artikuliere.221
Richard Meister thematisierte die Autorität in einer 1939 erschienenen
Abhandlung über Ciceros Staatsschrift. Die verlorene, von Augustinus (civ.
212 H. K. Zeßner-sPitZenberG, Legitimität, 172.
213 ilG, Uns alle, 11.
214 Zit. nach LK, 42 (F. romiG).
215 sPann, Der wahre Staat, 205; vgl. auch mayer-tasch, Korporativismus, 44.
216 Gerlich, Julius Raab, 470.
217 Krasser, Ständestaat, 23; vgl. schretter, Das ideologische Nahverhältnis, 46 f. und 120.
218 dobretsberGer, Vom Sinn, 25–28.
219 SZ 16. 12. 1934 (J. dobretsberGer).
220 KlotZ, Sturm, 44.
221 hohenlohe, Ständestaat, 10 f. 8. STAAT UND
GESELLSCHAFT508
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580