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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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als eine Notwendigkeit.212 Ulrich Ilg forderte von ihnen die Beachtung des Sittengesetzes.213 Othmar Spann brachte Autorität mit „Kraft der Überzeugung“, mit „Dig- nität“ der von ihren Trägern verkörperten Werte und mit „Dienstgesinnung“ in Verbindung und definierte sie als „Führungsmacht kraft geistiger Gültig- keit“, die sich von bloß physischer Gewalt unterscheide.214 Machtausübung „ohne die Grundlage geistiger Gültigkeit“ sei ein Missbrauch.215 Für Julius Raab beruhte Autorität auf einem wechselseitigen Verhältnis von Vertrauen und Obsorge für die Geführten.216 In der pädagogischen Fachliteratur der dreißiger Jahre stand die auf Zwangsmittel nicht angewiesene Autorität der Person im Mittelpunkt, etwa die durch Vorbildlichkeit erworbene „innere“ Autorität des Lehrers.217 Josef Dobretsberger argumentierte rechtsphilosophisch: In Abgrenzung von Positivismus und Neukantianismus räumte er dem Prinzip der Ge- rechtigkeit Priorität vor absoluter Rechtssicherheit ein. Auch gebe es Situ- ationen, die Ausnahmen erforderlich machten: Der autoritäre Staat, so in Anlehnung an den Tübinger Staatsrechtler Fritz Freiherr Marschall von Bieberstein, sei „eine Absage an den Rechtsformalismus und ein Bekenntnis zum lebendigen Recht, [...] weil er sich grundsätzlich auf den Boden der Dy- namik stellt“; in ihm trete an die Stelle der gesetzlichen Einzelregelung das freie Ermessen.218 Im österreichischen Ständestaat würden „zwei ehemals unvereinbare Gegensätze verbunden: Autorität und Freiheit“.219 Für Anton Klotz waren diese „nicht Feinde“, sondern komplementäre Größen, „wenn sie im richtigen Verhältnis gemischt“ seien.220 Konstantin von Hohenlohe begründete die Autorität damit, dass „der amorphe Körper Volk“ einen „ergänzenden Denk- und Willensapparat“ brau- che, gleich dem Vormund eines Minderjährigen. Es sei aber nicht so, dass sich das Volk gegen ungerechtfertigte Lasten keinen Widerstand erlauben dürfe, sofern es ihn über die Stände artikuliere.221 Richard Meister thematisierte die Autorität in einer 1939 erschienenen Abhandlung über Ciceros Staatsschrift. Die verlorene, von Augustinus (civ. 212 H. K. Zeßner-sPitZenberG, Legitimität, 172. 213 ilG, Uns alle, 11. 214 Zit. nach LK, 42 (F. romiG). 215 sPann, Der wahre Staat, 205; vgl. auch mayer-tasch, Korporativismus, 44. 216 Gerlich, Julius Raab, 470. 217 Krasser, Ständestaat, 23; vgl. schretter, Das ideologische Nahverhältnis, 46 f. und 120. 218 dobretsberGer, Vom Sinn, 25–28. 219 SZ 16. 12. 1934 (J. dobretsberGer). 220 KlotZ, Sturm, 44. 221 hohenlohe, Ständestaat, 10 f. 8. STAAT UND GESELLSCHAFT508
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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