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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Staat kennzeichnende Trennung von Staat und Gesellschaft von fast allen maßgeblichen Denkern für notwendig befunden. In der Gesellschaft besitze die Person den Freiraum, den sie zur Entfaltung ihres Wesens brauche. Auf- gabe des Staates sei es, diesen zu schützen und ausgleichend zu wirken; ein Staat, der in die Privatsphäre seiner Bürger eingreife, sei – so mit Blick auf Faschismus und Nationalsozialismus – ein totalitärer Staat.12 Ein solcher hätte der österreichische Ständestaat aber schon deshalb nicht sein können, weil seine Träger dem christlichen Personalismus und der katholischen So- ziallehre eng verbunden waren. Dieser Umstand machte den Kult eines sä- kularen Staates gleichermaßen unmöglich wie die für den Faschismus cha- rakteristischen imperialistischen Züge.13 Die internationale Forschung hat dies klarer erkannt als die österreichische: „Austria’s leaders never aspired to total rule.“14 Mehr Aufmerksamkeit als anderen Ständetheoretikern wurde Othmar Spann geschenkt. Dies ist der Komplexität seines Denkens und der Faszi- nation, die es auf die Zeitgenossen übte, zuzuschreiben. Nach sorgfältigem Abgleich seiner Positionen mit den von den Gestaltern der österreichischen Politik vertretenen ist der Akzent freilich eher auf die Heterogenität, ja mangelnde Kohärenz seines Systems zu setzen: Parallelen im Denken vieler politisch maßgeblicher Zeitgenossen wurden hinsichtlich des umfassenden Verständnisses von „Stand“, teilweise auch hinsichtlich des Faktors „Un- gleichheit“ in der Gesellschaft sichtbar, worin diese dem Wiener Professor aber nicht folgten, war dessen überragende Bewertung des Staates, die der christlichen Gesellschaftslehre und den gleichsam eisernen Beständen des Personalismus widersprach. In festen Hierarchien dachten beide, der Unter- schied lag aber darin, dass die Gesellschaft für Spann von oben nach unten, für die christlichen Sozialtheoretiker nach dem Subsidiaritätsprinzip von unten nach oben strukturiert sein sollte. Zahlreiche Gleichklänge wurden hingegen im Denken Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergis, des Begründers der Paneuropa-Bewegung, sicht- bar, dessen brillante essayistische Sprachkunst viele Gedanken zwar nicht in der Substanz anders, aber doch pointierter vermittelte als der entweder nüchtern-professorale oder literarisch-publizistische Duktus der eigentli- chen Bezugspersonen der Studie – und ihnen überdies eine über Österreich weit hinausgehende Relevanz verlieh. Von den einleitend angesprochenen Kategoriensystemen, die die Soziolo- gie zur Beschreibung der Struktur menschlicher Gesellschaften anwendet, 12 Paxton, Anatomie, 212 und 316. 13 falle, Wurzeln, 23; hanisch, Der lange Schatten, 312. 14 connelly, From Enemy, 105. 9. RESÜMEE: STATUS IST ORDO 531
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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