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geben, und kritisierte Günthers „Überheblichkeit“. Der Name „Arier“ sei bloßer „Schall“.
1939 ging Hager als Auslandskorrespondent der damals völlig systemkonformen
Münchner Neuesten Nachrichten nach Rom, 1941 nach Madrid. Die Beziehungen
zu Bozen waren aber auch in der Münchner Zeit nicht abgerissen, wie nicht nur die
Angabe „Bozen“ in den Beiträgen im StL zeigt, sondern auch die Tatsache, dass er sich
in dieser Stadt am 28. Dezember 1935 mit Eleonore von Strobele zu Wangendorf ver-
ehelichte. Er fiel 1943 als Panzergrenadier des deutschen Afrika-Korps in Tunesien.
1935 war Hager noch österreichischer Staatsbürger. In seinem 1939 in München erschie-
nenen Buch Das großdeutsche Jahr. Von einem deutschen Schriftsteller erlebt legte er
ein klares Bekenntnis zu Hitler ab, während er mit dem österreichischen Bundeskanz-
ler Kurt Schuschnigg hart ins Gericht ging; insbesondere dessen Konzept einer spezifisch
österreichischen Staatsidee war für Hager nicht nachvollziehbar (obwohl er 1916–1920 in
Bozen mit einem österreichischen Schulbuch anhand von Texten über den Kaiser, Andreas
Hofer oder die Sagengestalten der Dolomiten das Lesen und Schreiben erlernt hatte). Der
„Anschluss“ am 13. März 1938 stellte für ihn daher einen Anlass zur Freude dar; die Able-
gung der österreichischen Staatsbürgerschaft am 10. April bzw. die Annahme der deut-
schen beschrieb er als ein lange ersehntes Ereignis.
Die 1934/35 in mehreren Beiträgen im StL gezeigten Sympathien für den italienischen
Faschismus sind umso schwerer nachvollziehbar, als Hager mit ganzem Herzen an Süd-
tirol hing, wovon er im 1937 unter dem Pseudonym Walter Plangger in Berlin erschie-
nenen Südtiroler Bilderbuch Zeugnis ablegte. In einer 1942 verfassten, in Privatbesitz
befindlichen 74-seitigen Schrift, in der er seine Kindheit und Jugend in Bozen (bis 1927)
schilderte, lobte er seine geistlichen Lehrer am Franziskanergymnasium als Vermittler
einer „siebenhundertjährigen kulturellen und damit in einem Grenzland auch völkischen
[...] Tradition“ und bekannte sich zum „Kampf um unsere Sprache und Eigenart“. Die
Welt
anschauung, die ihn mit seinen Mitschülern am Franziskanergymnasium, darunter
Kurt Heinricher, verband, beschrieb er so: „Wir waren alle das, was man im alten Öster-
reich ‚national’ nannte. Unsere Ideale waren Heimat, Volk und, soweit wir es verstanden,
das Reich.“
http://agso.uni-graz.at/sozio/biografien/h/hager_hubert_biografie.htm (abgerufen: 12. 6.
2012); sternbach, Bozen; widmoser, Südtirol, 162; Innsbrucker Nachrichten Nr. 279 vom 2.
12. 1933, 4 f. und Nr. 119 vom 26. 5. 1934, 5 f.; haGer, Das großdeutsche Jahr; J. fontana,
Südtirol, 7 f.; mündliche Angaben seines Sohnes Hansjörg Hager, Bozen (12. 12. 2011);
Ludwig Hänsel (1886–1959), Germanist und Philosoph, Mitarbeiter der MSchKP. Der
Wiener Gymnasiallehrer kam in beiden Weltkriegen zum Einsatz. Er war Mitglied
zahlreicher katholischer Vereine und Organisationen, Vizepräsident der österreichi-
schen UNESCO-Kommission sowie Freund und Briefpartner Ludwig Wittgensteins.
somavilla/unterKircher/berGer, Ludwig Hänsel, 10 f.
Hugo Hantsch OSB (1895–1972), Historiker und Professor an der Universität Wien, Mitar-
beiter der SZ. Seit 1913 im Stift Melk, studierte er Theologie und Philosophie in Innsbruck
(Promotion zum Dr. phil. 1921). 1930 habilitierte er sich bei Heinrich von Srbik an der
10.
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580