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hauptungenmeist nicht der Realität entsprechen konnten. Sie vermischten in ihren
TextenvonAnfangan tendenziell gewaltverherrlichende,misogyneundhedonistische
InhaltemiteinemklarhumoristischenAnsatz.Sievermitteltendamit,dasssiesichund
ihreAussagennicht zuernstnahmenundauchnichtderart rezipiertwerdenwollten.
Hier zeigt sich fürmichderdeutlichsteUnterschiedzwischendendeutschsprachigen
Trap- undGangsta-RapperInnen. Zwar verweisen auchGangsta-RapperInnen immer
wiederdarauf,dass dieGeschichten in ihrenSongshäufigÜbertreibungendarstellen
undteilweiseauchhumorvollgemeintsind.OftmalswerdenüberdiesVergleichezuAc-
tionfilmenherangezogen: »ManmussdasmitdemActionfilm-Genrevergleichen:Um
Atmosphäre zu schaffen,mussman das ernst rüberbringen. Testosteronschwangere
Filme, in denenMenschen abgeschlachtetwerden,wie ›300‹ zumBeispiel, sindwelt-
weite Kinohits.Unser Rap ist genauso eine FormderUnterhaltung.« (Kollegahzitiert
nach Jozvaj2013)
BeidenGangsta-RapperInnen ist esaber schwererzuunterscheiden,waswirklich
ernstgemeint istundwasnurderUnterhaltungdient.Diesrührteinerseitsvonderim
Zitat erwähntenernstenVortragsweise,undandererseitswird vonseitenderKünstle-
rInnenhäufigaufdieeigeneschwierigeLebensgeschichteverwiesen,umdieharteund
expliziteAusdrucksweisesowiedieentsprechendenInhaltezu legitimieren.BeiMoney
BoywarensichvieleHipHop-Fansanfangszwarauchunsicher,ober seineRapsernst
oderhumorvollmeint.EswarabervonAnfanganoffensichtlich,dasser inseinenTex-
tennicht aus seinemrealen Leben erzählt. Spätestensmit denErfolgen vonRappern
wieLGoonyoderYungHurnhatte sich imdeutschsprachigenRaumeineAkzeptanzda-
für etabliert, dass auchRap-Texte aus der Ich-Perspektive rein erfunden sein können
undnichteinenrealenHintergrundhabenmüssen.
DasKlimaderNarrenfreiheit,dasMoneyBoyumsichgeschaffenhat,nutztdieserjun-
geKölnerRapper[LGoony;Anm.d.Verf.]nicht,umsichregelmäßigabzuschießen,son-
dernumfantastische, aufregende, abgefahreneMusik zumachen. […]Undwieuner-
wartetsüchtigmanletztlichdanachwerdenkann,dasseinemeinFast-Noch-Teenager
pausenlosvonseinemgrenzenlosenReichtumerzählt.WeileshierebennichtumAu-
thentizitätgeht, sondernumPhantasie,FeelingundAtmosphäre. (Borgmann2015)
»TrapHousemachtdieNumbers« isteinemTrap-Rap-Stückentsprechendeherdüster
gehalten.EinePerson,dieMoneyBoynichtkenntundauchnichtmitdieserSpielartvon
HipHopvertrautist,könntedurchausmeinen,dassdieAussagenimLiedernstgemeint
sind.BeietwasBeschäftigungmitdemKünstlerdürfteaberschnellklarsein,dassdie-
ser in seinenWerkennicht aus seinemrealenLebenerzählt.AusmeinerSicht zeigen
sich bei genauerer Betrachtung aber auch schon ohneHintergrundinformationen zu
Money Boy bei »TrapHousemacht die Numbers« Hinweise darauf, dass der Rapper
nichtausseinemwirklichenAlltagerzähltbzw.erzählenwill.Einerseitswerdeninhalt-
lichhauptsächlichKlischeesaneinandergereiht,diezwareinemrotenFadenfolgen(das
HerstellenundVerkaufenvonDrogen),aber immerwiederdurchaufGeldundFrauen
bezogenePrahlereiendurchbrochenwerden.MoneyBoy rappt auchweniger aggressiv
als vielmehr cool, lässig undüberlegen. Letztlich tragen fürmichdie ad-libs ebenfalls
dazubei,dieInhaltenichtzuernstnehmenzukönnen.Dawärenetwadas»brrff«nach
der erstenZeilederStropheoder auchdieWiederholungdes letztenWortesder vier-
Hip Hop aus Österreich
Lokale Aspekte einer globalen Kultur
- Titel
- Hip Hop aus Österreich
- Untertitel
- Lokale Aspekte einer globalen Kultur
- Autor
- Frederik Dörfler-Trummer
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5556-2
- Abmessungen
- 15.5 x 24.0 cm
- Seiten
- 341
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretische und methodische Ansätze 17
- 3. Geschichte der HipHop-Musik aus Österreich 25
- 3.1 Entstehung und Entwicklung der HipHop-Musik in den USA 26
- 3.2 Die vierphasige Einteilung der österreichischenHipHop-Geschichte 36
- 3.3 Ursprünge der österreichischen HipHop-Musik –Phase 1 (1981-1993) 37
- 3.4 Eine österreichische HipHop-Szeneentsteht –Phase2 (1992-1998) 49
- 3.4.1 Ghetto HipHop SoundSystem und Gainful Gallivants 51
- 3.4.2 Schönheitsfehler und die»Duck-Squad-Ära« 52
- 3.4.3 »DieKlass evon ’95«–Total Chaos, Texta und DasDampfendeEi 53
- 3.4.4 DasVermächtnis und Ende von DuckSquadPlatten 55
- 3.4.5 Aufkommen neuer (alter) HipHop-Labels und-Gruppen 56
- 3.4.6 Die aufkeimende HipHop-Szene in Linz 57
- 3.5 Zeit des Aufbruchs und Umbruchs–Phase3 (1998-2004) 58
- 3.6 Wachstum, Professionalisierung, Diversifikation–Phase4 (2005 bis heute) 80
- 4. Glokale HipHop-Kultur: Analyse der österreichischen HipHop-Szene und ihrer Musik 107
- 5. Resümee 287
- 6. Best of Listen österreichischer HipHop-Musik 293
- 7. Quellenverzeichnis 297
- Abbildungsverzeichnis 327
- Index 329