Seite - 11 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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Vorwort
„Sie ist am Horizont. … Ich mache zwei Schritte auf sie zu, sie entfernt sich zwei Schritte.
Ich gehe zehn Schritte, und der Horizont rückt zehn Schritte von mir ab.
Und wenn ich noch so weit gehe, ich werde sie nie erreichen. Wozu taugt die Utopie?
Dazu taugt sie, damit wir gehen.“
(Eduardo Galeano, Wandelnde Worte)
Ein Buch über Bürokratie und Beamte zu schreiben, hat – so unglaublich es
klingen mag – mit Utopie zu tun. Mit der Utopie, dass eine Institution, die
ein jeder zu kennen vermeint, auch tatsächlich zu fassen sei. Ich musste mich
diesbezüglich einer Enttäuschung stellen. Denn die Tätigkeiten der Bürokratie
sind auf der Bühne ihrer Aufgaben, Funktionen und Kompetenzen klar sichtbar.
Doch was sich hinter den Kulissen tut, wie die Hintergründe, Verkleidungen
und Maskierungen der Entscheidungen in den verschlungenen Netzwerken ver-
laufen, bleibt im Geheimen. Eine andere Dimension der Utopie stellt die Suche
nach einer vollkommenen Bürokratie dar, die sich wie ein roter Faden durch die
Geschichte der Institution zieht, die lange in die Menschheitsgeschichte zurück-
reicht. Es gab und gibt selbstverständliche keine vollkommene Bürokratie. Sie
bleibt Utopie!
Vor zwanzig Jahren, als mein Buch „Gehorsame Rebellen. Bürokratie und Be-
amte in Österreich 1780 bis 1848“ das Licht der Öffentlichkeit erblickte, schien
es, als ob eine bürokratische Tradition am Leben wäre, die seit der späten maria-
theresianischen Zeit in der österreichischen Monarchie aufgebaut wurde und die
die Geschichte Österreichs prägte, über allen staatlichen Wandel – über Absolutis-
mus, konstitutionelle Monarchie, Erste und Zweite Republik hinweg – mit allen
Vorteilen und Schattenseiten, die ihr eigen sind! Es war zu vermuten, dass auf
diese Tradition weiterhin Verlass wäre. Seit den späten 1990er-Jahren allerdings
fand ein fundamentaler Wandel statt, dessen politisches Losungswort „Bürokra-
tieabbau“ hieß. Dazu gehörten die zahlenmäßige Reduktion der Beamten, die
grundsätzliche (zumindest teilweise) Abschaffung der Pragmatisierung, in deren
Folge die Einführung der Beamten „auf Zeit“ in hohen Positionen und der Ersatz
der Beamten in den Stabsstellen durch Angestellte und persönliche Berater der
Josephinische Mandarine
Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Josephinische Mandarine
- Untertitel
- Bürokratie und Beamte in Österreich
- Autor
- Waltraud Heindl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78950-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 336
- Schlagwörter
- Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
- II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
- III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
- 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
- 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
- 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
- 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
- 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
- IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
- 1. Wandel der politischen Strukturen 85
- 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
- 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
- 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
- 5. Nationale Illustrationen 106
- 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
- 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
- 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
- 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
- 10. Generationenkonflikte um 1900 160
- V. Das soziale Umfeld 165
- VI. Inszenierungen 235
- VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
- VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277