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III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment
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5. Ausbildung, ökonomische Lage und
sozialer Status vor 1867
„[…] der tatsächlich hungernde Beamte [ist] tatsächlich zu arbeiten nicht fähig.“
(Lagebericht aus Ungarn an Alexander Bach)
Zunächst – für eine kurze Zeitspanne – erschien das bürokratische System durch
die Reformen deutlich verbessert. Das neue Prozedere, Beamte einzustellen, trug
wesentlich dazu bei. In einem Auswahlverfahren, das der üblichen Protektion des
vormärzlichen Regierungssystem entgegenwirken sollte, wurden Kandidaten für
die freien Ämter von der jeweils obersten Behörde (im Land waren es die Statthal-
tereien, für die Ministerien die Minister) sorgfältig geprüft und nach Kenntnissen
und Eignung und (angeblich) nicht nach Familienbeziehungen und anderen Krite-
rien ausgewählt,118 wodurch ein sorgfältiges Auswahlverfahren gewährleistet werden
sollte. Auf den Adelsstand der Bewerber wurde im Allgemeinen wenig, höchstens
bei exponierten Stellen Wert gelegt. Die Besetzung der Position des Bezirkshaupt-
manns in Ischl bildete eine solche Ausnahme. Die Statthalterei versteifte sich auf
einen Aristokraten, der perfekte Manieren aufweisen sollte, der kaiserlichen Som-
merresidenz wegen, wo sich viele illustre Gäste aus ganz Europa einstellten.119 Eine
gewisse Ausnahme, wenn auch in anderer Hinsicht, bildeten auch die Beamten der
ehemaligen Herrschaftsämter der Grundherrschaften, die nach deren Auflösung
bei der Aufnahme in den Staatsdienst berücksichtigt werden mussten. Allerdings
wurden sie verpflichtet, für das jeweilige Amt eine spezielle Prüfung abzulegen.
Ebenso sollten die im Zug der Revolution aus dem Lombardo-Venetianischen Kö-
nigreich in andere Kronländer geflüchteten (im Allgemeinen deutschsprachigen)
Beamten, die nun „überzählig“ waren, untergebracht werden. Nach 1861 stand der
Staat mit den deutsch- und tschechischsprachigen Beamten in Ungarn, die nun
„repatriiert“ wurden, vor dem gleichen Problem.120 Der Grund war einleuchtend:
Stellte man sie nicht an, fiel ihr Unterhalt dem Staat zur Last.
118 Bach an die Statthalter vom 17. Jänner 1853; zit. in WALTRAUD HEINDL, Einleitung zu
ÖMR. III: Das Ministerium Buol-Schauenstein, Band 2: 15. März 1853 – 9. Oktober 1853, bear-
beitet und eingeleitet von Waltraud Heindl (Wien 1979), S. XXXVI.
119 Siehe dazu die Anträge der Oberösterreichischen Organisierungskommission, OBERÖSTER-
REICHISCHES LANDESARCHIV, Archiv der Statthalterei, Präs. Org. 16/1853, auch Präs.
Org. 18/1853.
120 STEFAN MALFÈR, Zwischen Machtpolitik und Sozialpolitik. Zur Versorgung der „Bachschen
Beamten“ in Ungarn in den 1860er-Jahren. In: Österreichische Osthefte 36 (1994), S. 231–244.
Josephinische Mandarine
Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Josephinische Mandarine
- Untertitel
- Bürokratie und Beamte in Österreich
- Autor
- Waltraud Heindl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78950-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 336
- Schlagwörter
- Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
- II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
- III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
- 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
- 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
- 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
- 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
- 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
- IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
- 1. Wandel der politischen Strukturen 85
- 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
- 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
- 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
- 5. Nationale Illustrationen 106
- 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
- 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
- 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
- 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
- 10. Generationenkonflikte um 1900 160
- V. Das soziale Umfeld 165
- VI. Inszenierungen 235
- VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
- VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277