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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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90 IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? die ihre politische und gesellschaftliche Rolle im neuen Verfassungsstaat außeror- dentlich erschwerte. Grundsätzlich sollte sich die Bürokratie unpolitisch verhalten. Die oberste Maxime des Beamtenkodex erforderte höchste Objektivität und Ge- setzestreue, zu der die Enthaltung von politischer Beteiligung, ja möglichst von po- litischen Einstellungen überhaupt gehörte. Diese Tugenden, Objektivität und Ge- setzestreue, sollten den Beamten zur strengen Ausübung des Dienstes verpflichten: Dazu gehörte, keinen Versuchungen nachzugeben, auch eigene egoistische Inte- ressen sowie jene von Familie und Freunden hintanzustellen, und das Gesetz wenn nötig auch gegen die eigene persönliche Meinung und die der jeweiligen Autorität – dazu war er ja unkündbar (pragmatisiert) – zu befolgen. Allerdings war das Feld der Interpretation von Gehorsamspflicht und persönlicher Verantwortlichkeit weit und offen. Zwischen den diesbezüglichen Erwartungen, die etwa in früheren Zei- ten ein Kaiser Joseph und ein Kaiser Franz an die Beamten richteten, lagen Welten: der erste forderte Verantwortlichkeit als erste Pflicht (zumindest auf dem Papier), der zweite den „gehorsamen Untertan“.15 Zwischen diese beiden widersprüchlichen Pole, dem rastlos wirkenden Diener des Staates und dem „getreuen Untertan“, waren die Beamten seit der Ausbildung von Beamtenkodex und Dienstpflichten gestellt, und es kam auf die jeweilige Autorität an, welcher dieser Beamtentugen- den sie den Vorzug gab. Für den jungen Franz Joseph schien grundsätzlich und unumstößlich gegolten zu haben, dass sich „seine“ Beamten ihm gegenüber loyal zu verhalten hätten, in seinem Sinn handelten. Allerdings musste er im Laufe der Zeit die Erfahrung machen, dass im Verfassungsstaat andere Loyalitäten für die Staatsbürger und somit auch für Beamte an Bedeutung gewannen. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en „Virtus ist nicht allein beim Fürsten, sondern auch bei den Untertanen notwendig.“ (Justus Lipsius) Loyalitäten sind untrennbarer Teil des Berufsethos der Beamten und prägten/prä- gen ihre Identität. Vom Fürstendiener wurde unbedingte Treue gegenüber dem 15 HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 22f. und 50f. Über die Haltung der Bürokraten zu den Re- formen in der Ära des Staatgrundgesetzes und in den folgenden Jahrzehnten ausführlich DEAK, The Austrian Civil Service, S. 167–233.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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