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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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und publizistischen Diskursen, der hohen und trivialen Literatur ebenso wie aus der Fernsehwerbung, aus Boulevard-Magazinen oder aus Comic-Heften), entfremdet daraus einzelne Elemente orthografisch, syntaktisch, semantisch und/oder phonetisch, um deren konventionelle Bedeutungen in Frage zu stellen und damit den scheinbar natürlichen Zusammenhang von Zeichen und Be- zeichnetem zu durchbrechen. Auf diese Weise soll der Konstruktionscharakter gesellschaftspolitischer und medialer Diskurse entlarvt werden. Die Auswahl bestimmter Sprachgebrauchsformen ist in Jelinek-Texten demnach bereits als Inhalt zu lesen, deren destruktive Verzerrung als Ausdruck der ironischen Kon- trafraktur. In diesem Sinne geht Jelinek nicht nur destruierend (zerstörend), sondern auch dekonstruierend (zerlegend, auflösend) vor  –, aber eben nicht immer. Tatsächlich schwankt ihr Umgang mit Mythen zwischen destruierenden und dekonstruktie- renden Verfahren ; dementsprechend finden sich in der Literatur auch beide Be- griffe in inkohärenter Verwendung wieder.14 Der Dekonstruktionsbegriff impli- ziert dabei eine weitaus analytischere Vorgehensweise als der Destruktionsbegriff, denn bei der Dekonstruktion werden sprachlich und symbolisch konstituierte Mythen Schicht für Schicht abgetragen und auf diese Weise die dahinter stecken- den Intentionen offengelegt. In Jelineks Texten sind die Übergänge zwischen dem destruierenden und dem dekonstruierenden Schreiben fließend. Da jedoch auch das Dekonstruieren die Zerschlagung und Zerstörung von Mythen bezweckt (»Ich schlage sozusagen mit der Axt drein, damit kein Gras mehr wächst, wo meine Figuren hingetreten sind«15), wird die terminologische Treffsicherheit des Destruktionsbegriffs hier als etwas umfassender begriffen, weshalb in der vorlie- genden Untersuchung in erster Linie mit diesem Begriff hantiert wird. Zur exemplarischen Interpretation ausgewählt wurden das Skandalstück »Burg theater« aus dem Jahr 1984, welches das Politikum vorgeblich unpoliti- schen Künstlertums thematisiert und Jelineks Ruf als »Nestbeschmutzerin« begründete ; weiters der große Gespensterroman »Die Kinder der Toten« aus dem Jahr 1995, den die Autorin zwar als ihr »wichtigstes Werk«16 bezeichnet hatte, der aufgrund seines Umfangs und seiner Komplexität bisher aber kaum interpretiert, wahrscheinlich auch wenig gelesen wurde ; und schließlich eine kleine, aber wortgewaltige Theatersatire aus dem österreichischen »Wendejahr« 2000 mit dem Titel »Das Lebewohl«  – einer der Höhepunkte der jahrelangen öffentlichen Auseinandersetzung zwischen Elfriede Jelinek und Österreichs be- kanntestem Rechtspopulisten Jörg Haider. 14 Vgl. Degner, Mythendekonstruktion, S.  45. 15 Jelinek, Ich schlage sozusagen mit der Axt drein, S.  14. 16 Jelinek, zitiert nach : profil, Nr.  42, 2004, S.  125. 15 Inhalte und Ziele  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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