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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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die zunehmend die Verschränkungen zwischen Herrschaftssystem und Gesell- schaft in den Blick nimmt, genauer : die »Interaktion zwischen den Strategien der Machteliten und dem sozialen Handeln der ›einfachen‹ VolksgenossInnen, das Wechselverhältnis von Anreizen und Zustimmung, von Repression und An- passung, aber auch Zurückweisungen der NS-Herrschaft durch oppositionelle Handlungen«132. Dabei geht es darum, die gewöhnlichen Bürger nicht als wil- lenlos geführte Marionetten oder als Teil eines stummen Kollektivs zu sehen, was sie ungerechtfertigterweise automatisch in die Opferposition rücken würde, sondern als historische Akteure  – in ihrem jeweiligen Handlungsspielraum  – zu begreifen. Die Reichweite dieses Spielraums indes ist nachrangig, denn Mik- rohistorie meint nicht, kleine Dinge anzuschauen, sondern vielmehr »im Klei- nen«133 zu schauen, um den Blick für Vielfältigkeiten und Ambivalenzen zu schärfen und damit die Makrohistorie besser verstehen zu können.134 Im Rahmen dieser Sichtweise wird außerdem die integrative Wirkung von Feindbildern hinterfragt, was im Weiteren dazu führt, menschliche Emotionen als Gegenstand der geschichtswissenschaftlichen Forschung zuzulassen135, womit (we- nigstens zum Teil) die »Intensität der Verzweiflung«136 erklärt werden kann, die es möglich machte, dass die Ausgegrenzten, Verfolgten und zum Tode Verurteilten das Versagen und die Auslöschung jedes Gefühls erfuhren137  – die unbarmherzige Folgerichtigkeit der als »Inklusion« und »Exklusion«138 bezeichneten Systematik, welche die tödliche Trennlinie »zwischen dem ›Wir‹ der so genannnten ›Volksge- meinschaft‹ und den ›nicht-arischen Anderen‹«139 ausmachte, die im Nationalso- zialismus dazu führte, dass zuvor unbescholtene Bürger den Gashahn aufdrehten. Die Geschichte der Gefühle ist ein Bereich, der in den letzten Jahren auch in der historiografischen Forschung verstärkte Beachtung findet.140 Emotionen haben einen kulturgeschichtlichen, performativen, aber auch handlungsrelevan- ten Charakter.141 In letzter Instanz müssen auch Gefühle bis zu einem gewissen 132 Bauer, Mobilisierung, S.  289. 133 Kolportiertes Zitat von Giovanni Levi, zitiert nach : Jordan, Theorien und Methoden, S.  158. 134 Vgl. Langthaler, Die tägliche Mobilisierung, S.  183. Vgl. dazu auch Jordan, Theorien und Methoden, S.  152  fff. 135 Vgl. Lüdtke, Macht der Emotionen, S.  45. Zur Geschichtlichkeit und Geschichtsmächtigkeit von Gefühlen vgl. jenen sehr interessanten Sammelband, in dem sich Lüdtkes Aufsatz befin- det : Klimó/Rolf, Rausch und Diktatur. 136 Lüdtke, Macht der Emotionen, S.  55. 137 Vgl. ebd. 138 Vgl. dazu Mann, Fascists. Vgl. auch Bajohr, Meister der Zerstörung, S.  689. 139 Bauer, Mobilisierung, S.  290. 140 Klimó/Rolf, Rausch und Diktatur, S.  13. 141 Ebd., S.  14. 38 | Einleitung Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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