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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Grad als »erlernte Kompetenzen« betrachtet werden ; insofern erscheint die his- torische Auseinandersetzung mit menschlichen Gefühlen auch für die Natio- nalsozialismusforschung als überaus lohnend, da sie als »Interpretationstor für gesellschaftliche Grundkonfigurationen«142 erkannt wurden. Die Verlagerung des Erkenntnisinteresses innerhalb der Geschichtswissen- schaften, die zunehmend »im Kleinen« schaut, brachte neue terminologische Be- stimmungen mit sich. So werden Begriffe wie »NS-Diktatur« oder »Führerstaat« mehr und mehr durch Begriffe ergänzt und/oder ersetzt, welche bereits im Wort selbst auf die beschriebenen Verschränkungen zwischen Machteliten und gewöhn- lichen Bürgern verweisen : so zum Beispiel der von Frank Bajohr vorgeschlagene Begriff der »Zustimmungsdiktatur«143, das Begriffspaar »Gleichschaltung/Selbst- gleichschaltung«144 von Axel Schildt oder die von Götz Aly in die Diskussion ein- gebrachte Bezeichnung des nationalsozialistischen Deutschen Reichs als »Hitlers Volksstaat«145. In seiner gleichnamigen, durchaus heftig umstrittenen Publikation versucht Aly der seiner Meinung nach »immer noch unbeantwortete[n]«146 Frage nach dem Warum auf die Spur zu kommen, indem er die NS-Herrschaft aus ei- nem Blickwinkel betrachtet, der diese als »Gefälligkeitsdiktatur«147 beschreibt. Der Nationalsozialismus habe das Gewissen, das Wissenwollen und das Erinnern der übervorteilten »Volksgenossen« nachhaltig narkotisiert  – und dies auf Basis materieller Zuwendungen (Lebensmittelkarten, Rentenerhöhungen, Ehestands- darlehen, Kinderbeihilfen, Steuerfreiheit für Zuschläge auf Nacht- und Wochen- endarbeit usw.), die mithilfe einer progressiven Arisierungs- und Vernichtungs- politik sowie der Ausraubung der okkupierten Territorien finanziert wurden.148 Wiederum wird hier nach jenen Handlungsspielräumen gefragt, innerhalb derer die »nicht diskriminierte, nicht oppositionelle Mehrheitsbevölkerung«149 vor dem Hintergrund der jeweiligen »Lebenswelten«150 auf Angebote und Zumutungen der Nationalsozialisten eingingen oder eben nicht.151 Im Rahmen der Faschismusdiskussion wurde bereits festgehalten, dass der Fa- schismus kein einheitliches Konzept war und hatte, was dem nationalsozialistischen System große Flexibilität einräumte, Angebote an die Mehrheitsbevölkerung je nach 142 Ebd., S.  15 (beide Zitate). 143 Bajohr, Die Zustimmungsdiktatur. 144 Schildt, Jenseits der Politik, S.  249. 145 Aly, Hitlers Volksstaat. 146 Ebd., S.  35. 147 Ebd., S.  49–90. 148 Ebd., S.  368. Vgl. dazu auch Bajohr, Meister der Zerstörung, S.  687. 149 Bauer, Mobilisierung, S.  290. 150 Zu dem historischen Begriff der »Lebenswelt(en)« vgl. Kapitel  1.4.2 dieser Studie. 151 Ähnlich auch bei : Langthaler, Die tägliche Mobilisierung, S.  182. 39 Diskussion der zentralen Begriffe  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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