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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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gen an plausible Begriffsbestimmungen sind in diesem Fall leistbar. Das Wort »Mythos« ist eine Entlehnung aus dem Griechischen und allgemein mit »Wort, Rede, Erzählung, Fabel, Sage«166 zu übersetzen, was allerdings noch nicht sehr aussagekräftig ist. Im Rahmen der vorliegenden Studie orientiert sich die Begriffsdefinition an den Mythostheorien des französischen Philosophen und Semiotikers Roland Barthes (»Mythen des Alltags«167), da diese als zentrale Leseerfahrung168 Jelineks gehandelt werden und deren Schreiben merklich be- einflussten, mehr noch : Es ist vermutlich nicht möglich, Jelinek-Texte sinn- voll zu rezipieren, ohne Roland Barthes gelesen zu haben. Jelineks Auseinan- dersetzung mit Barthes’ Trivialmythen-Konzept Ende der 1960er Jahre war schließlich »die Initialzündung für die Entwicklung ihrer eigenen ästhetischen Position«169. So hatte Jelinek in ihrem Essay »Die endlose Unschuldigkeit« von 1970 Barthes’ Theorien explizit übernommen und einzelne Textpassagen sogar wörtlich zitiert. Nach Barthes werden mythische Aussagen stets von Menschenhand geschaf- fen und bewusst mit bestimmten Bedeutungen und Intentionen versehen. Aus der »Natur« der Dinge vermöge der Mythos nicht hervorzugehen, auch wenn ihm dies immer unterstellt werde. Zudem sei er kein statisches, sondern ein dynamisches, veränderbares Phänomen und werde von der Gesellschaft immer wieder in neue Zusammenhänge gebettet und neu interpretiert.170 Träger der mythischen Aussage können die unterschiedlichsten Medien sein : der geschriebene Diskurs, der Sport, die Fotografie, der Film, die Reportage, das Schauspiel, die Reklame. Die Objekte selbst »können Aussagen werden, wenn sie etwas bedeuten«171, denn der Mythos werde als »reiches, spontanes, gelebtes, unschuldiges, unbestreitbares Bild«172 wahrgenommen. Dieses werde ausgeborgt, um zum Helfershelfer eines Begriffes gemacht zu werden. Dabei wird weder etwas verborgen noch gelogen ; der Mythos verwandle Geschichte in scheinbare Natur. Deshalb sei eine Verschleierung der Intention eines Begriffs nicht notwendig  – der Mythos lasse ihn in den Augen des Rezipienten ohnehin »natürlich« erscheinen.173 166 Duden, Herkunftswörterbuch, S.  547. 167 Das Buch war als Artikelfolge in den Jahren davor entstanden. 1957 wurde diese erstmals als Monografie unter dem Titel »Mythologies« auf Frz. veröffentlicht, 1964 als »Mythen des Alltags« in dt. Übersetzung. 168 Vgl. Mayer/Koberg, Elfriede Jelinek, S.  148. 169 Janz, Elfriede Jelinek, S.  VII 170 Vgl. ebd., S.  85  ff. 171 Ebd., S.  87. 172 Ebd., S.  98. 173 Vgl. ebd., S.  112  f. 42 | Einleitung Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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