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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Mit der Rückbesinnung auf die österreichische Eigenstaatlichkeit sollte nach 1945 die Ursache für die Etablierung des Nationalsozialismus ex post korrigiert werden.198 Die politische Symbolik der Nachkriegszeit sowie die Art der Dar- stellung der NS-Zeit unmittelbar nach Kriegsende waren von diesem Bestreben durchdrungen. So wurde es zum Beispiel im Staatswappen der Zweiten Repu- blik zum Ausdruck gebracht, das den Adler aus der Ersten Republik übernom- men hatte, ihn aber nun mit gesprengten Ketten zeigte, was die Befreiung vom »nationalsozialistischen Joch« symbolisieren sollte.199 Nicht nur Österreich, sondern alle drei Nachfolgestaaten des »Dritten Reichs«, auch die beiden deutschen Staaten, versuchten, ihre politische Neu- ordnung über die jeweilige Interpretation der Ursachen für den Nationalso- zialismus zu legitimieren.200 Die Schwierigkeit bestand jeweils darin, dass der politische Neubeginn einerseits unter dem Lichte der Distanzierung vom Nationalsozialismus und in Anerkennung seiner Verbrechen erfolgen musste, andererseits aber Deutungsmuster favorisiert wurden, welche die rasche Rein- tegration der früheren Parteimitglieder in Politik und Alltag als gerechtfertigt erscheinen ließen.201 Da die »Schuldfrage« in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland von Sei- ten der Alliierten und der Weltöffentlichkeit als eindeutig erkannt worden war, sah sich die BRD dazu gezwungen, die Überwindung des Nationalsozialismus durch institutionelle und demokratiepolitische Reformen nach außen hin zu de- monstrieren.202 Auf diese Weise konnte im Rahmen der bundesdeutschen Er- innerung zumindest erreicht werden, dass der Nationalsozialismus als negativer Gründungsmythos normativ »internalisiert«203 wurde. »In Deutschland herrscht ein ganz anderes politisches Bewusstsein«, so Jelinek, »denn Deutschland war ja viel länger ein von den Alliierten besetztes Land und musste seine Lektion in Antifaschismus und Demokratie lernen, sehr zu seinem Vorteil.«204 198 Vgl. Bergmann/Erb/Lichtblau, Schwieriges Erbe, S.  15. 199 Vgl. Spann, Zur Geschichte von Flagge und Wappen der Republik Österreich, S.  59. 200 Vgl. Bergmann/Erb/Lichtblau, Schwieriges Erbe, S.  11–15. 201 Vgl. Blänsdorf, Die Einordnung der NS-Zeit, S.  19. 202 Vgl. Bergmann/Erb/Lichtblau, Schwieriges Erbe, S.  15 ; vgl. auch Weidinger, Konsens. In : Der Standard, S.  28. 203 Die DDR wählte die fehlgeschlagene Revolution von 1918/19 als positives Bezugsereignis, das den Nationalsozialismus hätte verhindern können und nun unter der Führung der Arbei- terklasse in Gestalt der Sozialistischen Einheitspartei (SED) nachgeholt werden sollte. Durch die Verknüpfung von Faschismus und Kapitalismus verlor der Nationalsozialismus jede Be- ziehung zur nunmehr sozialistisch geführten DDR und wurde zur kritischen Verurteilung der kapitalistisch gebliebenen Bundesrepublik benutzt (»Universalisierung«). Vgl. Lepsius, Das Erbe des Nationalsozialismus, S.  251. 204 Jelinek, zitiert nach : Janke/Kovacs/Schenkermayr, »Die endlose Unschuldigkeit«, S.  21. 47 Diskussion der zentralen Begriffe  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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