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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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In Österreich hingegen wurde der Nationalsozialismus als eine »Interven- tion in die österreichische Geschichte durch das nationalsozialistische Deutsche Reich«205 interpretiert, was eine »Externalisierung«206 zur Folge hatte : Verant- wortung und Schuld wurden an Deutschland verwiesen.207 Hierzulande wurde über Jahrzehnte hinweg, etwa in Schul- und Geschichts- büchern, aber auch in anderen offiziösen Publikationen, das Argumentations- muster der Opfertheorie vertreten (und ist dort bisweilen heute noch vorzu- finden). Schon in der »Geschichte Österreichs« von Ernst Joseph Görlich und Felix Romanik, einem historischen Standardwerk, war zu lesen, dass der Zweite Weltkrieg »nicht zur eigentlich österreichischen Überlieferung« gehöre, weil Österreich »als Staat«208 nicht an ihm teilgenommen habe. Auch das von der Regierung 1946 herausgegebene »Rot-Weiß-Rot-Buch« dokumentiert diese Auffassung eindrücklich : »Die Einstellung der österreichischen Bevölkerung zum ›Hitlerkriege‹ war von allem Anfang ablehnend«, heißt es darin, »sofern sie nicht von seinem Ausgang die einzige Möglichkeit einer Befreiung vom Nazijo- che erhoffte.«209 Das vermeintlich »wehrlose«210 Österreich habe sogar als erster und einziger freier Staat der Aggressionspolitik Hitlers fünf Jahre lang »prakti- schen Widerstand geleistet«211. In eine ähnliche Kerbe schlägt das 1948 im Auf- trag des österreichischen Pressedienstes herausgegebene »Österreich-Buch«212. Das nach 1945 konstituierte Selbstverständnis der Österreicher unterliege einer darin klar nachverfolgbaren »Effeminierung«213, meint der Geschichtswissen- schafter Siegfried Mattl : der Zuschreibung vermeintlich weiblicher Eigen- schaften wie Sinnlichkeit, Weichheit, Anpassungsfähigkeit, Hingabe. Es gebe schließlich kein geeigneteres Objekt zur Dokumentation dieser Auffassung : »Das ›Österreich-Buch‹ war ein Geschichtsbuch, aber es erzählte eine Geschichte ganz eigener Art, nämlich einen Mythos. Und es erzählte diesen Mythos durch die Vertei- lung des geschichtlichen Stoffes nach kulturellen Mustern, die die Weltpolitik nach männlichen und weiblichen Völkern und Attributen strukturierte.« 214 205 Vgl. Lepsius, Das Erbe des Nationalsozialismus, S.  250. 206 Ebd. 207 Ebd., S.  250  f. Vgl. auch : Bergmann/Erb/Lichtblau, Schwieriges Erbe, S.  15. 208 Görlich/Romanik, Geschichte Österreichs, S.  551. 209 Rot-Weiß-Rot-Buch, Erster Teil, S.  94. 210 Ebd., S.  5. 211 Ebd., S.  7. 212 Marboe (damals Leiter des Bundespressedienstes), Österreich-Buch. 213 Mattl, Geschlecht und Volkscharakter, S.  500. 214 Ebd., S.  504. 48 | Einleitung Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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