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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Der öffentliche Aufschrei blieb aus. Jelinek hingegen kritisierte Schüssel, dem wegen seiner Teilnahmslosigkeit gegenüber den verbalen Entgleisungen seines Regierungspartners FPÖ und dessen offener Verharmlosung der österreichi- schen NS-Vergangenheit der Beiname »Schweigekanzler« anhaftete, in ihrer Rede zur Verleihung des Heine-Preises 2002, »… durch das Schweigen ent- zieht man sich allem ganz leicht«243 und noch einmal expliziter, »… sprechen kann er nicht, er ist eher still, der Herr Kanzler, der zu allem geschwiegen hat, denn Schweigen macht mächtig«244. Schüssels Zeitungsinterview und andere ähnliche Wortmeldungen politischer Repräsentanten lassen darauf schließen, dass sich die offizielle Haltung zur Opferthese seit der Jahrtausendwende hin zu einem erinnerungsgeschichtlichen Kompromiss entwickelt hat, der bei Botz als »Opfer-Täter-Gedächtnis«245 bezeichnet wird und sowohl das Eingeständ- nis der Mitverantwortung als auch das Beharren auf dem Opfermythos bein- haltet. So ließ etwa der ÖVP-Bundespräsidentschaftskandidat Andreas Khol April 2016 mit der Aussage aufhorchen, dass das Land Österreich ein Opfer des Nationalsozialismus gewesen wäre, viele Österreicher aber auch Täter ge- wesen seien  – und gab damit tiefe Einblicke in sein Geschichtsverständnis.246 »Der heutige Umgang mit dem Nationalsozialismus ist auch wieder paradox«, so Jelinek : »… eine Mischung aus Ständig-Darüber-Sprechen, also einem ritualisierten gebets- mühlenhaften Sprechen, mit dem die Taten der Vergangenheit beurteilt werden und man sich von ihnen distanziert (mit dem alle Politiker bei Gedenkveranstaltungen die Verbrechen öffentlich routiniert verabscheuen. Aber was sollten sie sonst tun ?), und der totalen Verleugnung bei der extremen Rechten.«247 Im Bereich der österreichischen Restitutionspolitik sind seit Mitte der 1990er Jahre Maßnahmen erfolgt, die zumindest als »Gesten der Entschuldigung«248 wesen wäre, sondern auch »die Österreicher die ersten Opfer« gewesen wären. In : Die Presse, 10.11.2000, S.  7. Auch in : Der Standard, 10.11.2000, S.  10. Ähnliches erklärte er in einem Gespräch mit Charles Ritterband von der »Neuen Zürcher Zeitung« im Februar 2005. Vgl. Botz, Der Kanzler als Schulmeister der Nation, S.  12. 243 Jelinek, Österreich. Ein deutsches Märchen, unpaginiert. 244 Ebd. 245 Botz, Nachhall und Modifikationen, S.  601. 246 Kann etwa in folgendem Online-Artikel nachgelesen werden : http://derstandard. at/2000034653467/Khol-sieht-Oesterreich-als-Opfer-des-Nationalsozialismus (Zugriff am 30.06.2016). 247 Jelinek, zitiert nach : Janke/Kovacs/Schenkermayr, »Die endlose Unschuldigkeit«, S.  19. 248 Heinz Fischer, damals Nationalratspräsident, zitiert nach : Uhl, Das »erste Opfer«, S.  28. 53 Diskussion der zentralen Begriffe  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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