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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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she has been reduced to a cliché of herself«258, bemerkt dazu Allyson Fiddler. Die Geschichte von ERIKA KOHUT wurde zu Jelineks eigener Geschichte. Seit dem Erfolg des Romans wird sie in der öffentlichen Wahrnehmung mit ihrer Mutter in Zusammenhang gebracht.259 Tatsächlich erzählte Jelinek selbst in Interviews und Gesprächen immer wie- der freimütig von den Gemeinsamkeiten ihrer Hauptfigur mit sich selbst, be- zeichnete den Roman sogar als ihre »eingeschränkte Biografie«260. Auch in anderen Zusammenhängen erscheint es immer wieder erstaunlich, mitunter befremdlich, wie viele Details sie aus ihrem Privatleben verriet. »Selten hat eine Schriftstellerin so tatkräftig die eigene Legende mitgestaltet, indem sie die Medien bereitwillig mit stereotypen Bildern zu ihrem Leben und ih- rem Werk bediente«261, kritisiert Annette Doll. Jelinek habe in entscheidendem Maße daran mitgewirkt, das Bild einer neurotischen und obsessiven Schreiberin zu erzeugen und aufrechtzuerhalten. Aus einer Montage mit nur wenigen Tei- len entstehe eine »synthetische Künstlerbiografie«, die Teil einer »geschickten Vermarktungsstrategie« sei  – nur selten erreiche experimentelle Sprachkunst schließlich derart hohe Auflagen.262 Auch Margarete Sander zeigt sich davon überzeugt, dass Jelinek die Auswahl der Informationen, die über sie weitergegeben wurden, von Anfang an gesteuert und deren Position, Funktion und Bewertung selbst inszeniert habe, glaubt aber nicht, dass Jelinek dies aus Gründen der Vermarktung getan habe, sondern um sich auf diese Weise ihren eigenen Mythos zu schaffen, der ihr den Zufluchtsort der extremen Künstlichkeit gewähre.263 Verena Mayer und Roland Koberg, die das erste deutschsprachige Autorin- nenporträt verfasst und 2006 publiziert haben, berufen sich über weite Stre- cken hinweg auf Aussagen, die Jelinek selbst über ihre Kindheit, ihre Eltern, ihre ideologische Positionierung oder ihren Standpunkt als Autorin getroffen hat. Das ist natürlich insofern problematisch, als dass die zum Teil ironischen, sprachlich stilisierten Rückblenden der Autorin mit biografischen Tatsachen verwechselt werden. Die »Subjektivität und die Zeitbezogenheit«264 ihrer Dar- stellung gestehen die Autoren des Porträts im Vorwort ein und können damit sich anbahnender Kritik Wind aus den Segeln nehmen. Dennoch bleibt der 258 Fiddler, Rewriting Reality, S.  1. 259 Vgl. Mayer/Koberg, Ein Porträt, S.  117. 260 Jelinek, zitiert nach : Ebd., S.  114. 261 Doll, Mythos, Natur und Geschichte, S.  9  f. 262 Vgl. ebd., S.  10  f. 263 Vgl. Sander, Textherstellungsverfahren, S.  18 264 Mayer/Koberg, Ein Porträt, S.  8. 56 | Einleitung Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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