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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Außerdem nennt Jelinek darin einige ihrer prägenden Vorbilder beim Namen : Roland Barthes, Hans Barth355, aber auch Theodor Adorno, der die Verantwor- tung der »Kulturindustrie«356 für die Etablierung des deutsch-österreichischen Faschismus hinterfragt hatte. Die Bedeutung der frühen Prosatexte (»bukolit«, »wir sind lockvögel baby !«, »Michael«) besteht vor allem darin, dass sich Jelinek hier ein nicht unwesentliches Repertoire an Bildern und Methoden zurechtge- legt hatte, auf das sie bei der Arbeit an späteren Texten zurückgreifen konnte und das grundlegend bleiben sollte für ihren charakteristischen Schreibstil.357 Besonders die Kritik an einer vom Faschismus vereinnahmten Sprache, aber auch die Nähe zu den Techniken der Wiener Gruppe sind bis heute kennzeich- nend für ihr Schreiben geblieben.358 Neben der Orientierung an den »literarischen Kapazitäten«359 rund um die Wiener Gruppe bezieht sich Jelinek auch immer wieder ausdrücklich auf die jü- disch-österreichische Literaturtradition, die aus der Bevölkerungskonstellation des Habsburger-Reichs erwachsen war, denn der hohe jüdische Bevölkerungs- anteil hatte eine nicht unwesentliche Rolle für die Entwicklung einer spezifisch österreichischen Literatur gespielt, die sich von der deutschen in einigen Punk- ten wesentlich unterscheidet : Durch den Einfluss des Jüdischen wurde vor al- lem die Satire mit in die österreichische Literatur getragen, die in diesem Maße in Deutschland nie Fuß fassen konnte.360 Sie selbst sehe sich in der »Tradition des Sezierens von Karl Kraus und Elias Canetti, die vom Faschismus vernichtet worden ist oder die eben ausstirbt«361, bekennt Jelinek und verweist auf ihre familiär bedingte Verwurzelung in der jüdischen Kultur : »Ich meine, dass ich sehr stark meine Wurzeln in der jüdischen Kultur habe, weil mein Vater Jude war, ein Ostjude aus der Tschechoslowakei. Und das sind meine persönlichen kulturellen Wurzeln. Und das spüre ich auch. Also Traditionen von Canetti, Kraus oder Joseph Roth. Das ist wirklich eine sterbende Kultur… Ich bin wahrscheinlich eh die letzte Dichterin dieser Richtung …«362 Tatsächlich sind die Eigenheiten der österreichischen Varietät der beste Nähr- boden für das satirische Schreiben, denn auch in seiner schriftlichen Form bleibt 355 Auch Hans Barth befasste sich mit Mythentheorien. Vgl. Barth,  Masse und Mythos. 356 Horkheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung, S.  141–191. 357 Vgl. Janz, Elfriede Jelinek, S.  7 ; vgl. auch Doll, Mythos, Natur und Geschichte, S.  13  f. 358 Vgl. Doll, Mythos, Natur und Geschichte, S.  13. 359 Mayer/Koberg, Ein Porträt, S.  42. 360 Vgl. Sander, Textherstellungsverfahren, S.  21. 361 Jelinek, zitiert nach : Hoffmeister, Interviews, S.  109. 362 Jelinek, zitiert nach : Sander, Textherstellungsverfahren, S.  21. 70 | Einleitung Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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