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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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ter- und Prosatexten, aber vor allem auch in zahlreichen ihrer Essays zitiert, parodiert und destruiert. In den 1930er Jahren sei es der schlichte Oberösterrei- cher Adolf Schicklgruber (Hitler) gewesen, der sich das Volk gekrallt habe, in den 1990er Jahren ein »einziger, schlichter Kärntner«520 : Jörg Haider, der zwar gebürtiger Oberösterreicher war, in Kärnten aber seine Wahlheimat gefunden hatte. In ihrem Opus Magnum »Die Kinder der Toten« stellte Jelinek die Figur des Parteiführers (Haider) als Doppelgänger des »Führers« (Hitler) vor : »Dieser junge Führer… das Gebiß wird gebleckt, die Zähne sind Flammen, sie verber- gen zum Teil das etwas schief geratene Gesichtsfabrikat, das uns trotzdem mit seinem Stempel sein Muster aufdrücken will. … Der Führer. Man würde ihn mit einer Lampe suchen gehen, verschwände so einer in Österr. einmal von der Bild-Fläche. So einen Mann hat dieses Land bereits einmal erbaut (die Pläne hat es sich sicherheitshalber aufgehoben), und da der große Aufruhr, den dieses Bauen hervorgerufen hat, gestillt war, reichte man sie wieder ein, die Pläne, für eine heftige Volksbewegung, für eine dritte Republik, aus der Tiefe geholt, aber doch etwas von oben herab.«521 Die Wiener FPÖ reagierte daraufhin mit einem Wahlplakat zur Wiener Ge- meinderatswahl, das die »Freiheit der Kunst« einforderte und interessanterweise Elfriede Jelinek und Claus Peymann im selben Atemzug mit den SPÖ-Politi- kern Rudolf Scholten, Michael Häupl und Ursula Pasterk nannte, was der da- malige FPÖ-Bundesgeschäftsführer mit der Bemerkung kommentierte : »Wir haben schon immer die witzigsten Plakate gemacht.«522 Die Aufschrift implizierte den Vorwurf, dass die Schriftstellerin und der Burg- theater-Intendant der SPÖ nahestünden. Sinn der Kampagne war es, gegen FPÖ-kritische Kulturschaffende (Peymann, Roth, Turrini, Jelinek) Stimmung zu machen, da diese »Österreichbeschimpfer«523 seien und als solche kein Anrecht auf staatliche Förderung hätten.524 Die Partei appellierte damit an »die antiintel- lektuellen Emotionen jener Menschen, die mit (moderner) Kunst nichts anzufan- gen wissen und nicht verstehen, wieso ihr hart verdientes Geld in die Subventio- nierung von Theatern, Künstlern oder anderen Kulturprojekten gesteckt wird«525. Einige österreichische Intellektuelle und Journalisten reagierten kritisch auf die Diffamierungen Jelineks durch die Wiener FPÖ, größere Proteste, etwa von 520 Jelinek, Ein deutsches Märchen, unpaginiert. 521 Dies., Die Kinder der Toten, S.  46  f. 522 Gernot Rumpold, zitiert nach : Mayer/Koberg, Ein Porträt, S.  197  f. 523 So die FPÖ in ihrem Wahlkampffolder, Faksimile abgedruckt in : Janke, Die Nestbeschmut- zerin, S.  88. 524 Vgl. Scheidl, Ein Land auf dem rechten Weg, S.  215. 525 Scheidl, Ein Land auf dem rechten Weg, S.  215. 94 | Einleitung Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂĽhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂĽmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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