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Im Jelinek-Handbuch gibt es einen kurzen, lexikonartigen Beitrag zu »Burg-
theater« von Evelyn Deutsch-Schreiner, der gleich zu Beginn auf den Zusam-
menhang des StĂŒcks mit der österreichischen Opferthese aufmerksam macht
und auf wenigen Seiten, aber sehr pointiert und nachvollziehbar, die wichtigsten
Eckdaten dazu herausarbeitet.22
Auch die fĂŒr diese Arbeit verwendeten biografischen Darstellungen sollen
nicht unerwÀhnt bleiben : zum einen Maria Steiners kritische Wessely-Biografie
mit dem Titel »Die verdrÀngten Jahre«, die 1996 publiziert wurde. Darin findet
sich ein interessanter Exkurs, der dem Skandal um Jelineks »Burg theater«-StĂŒck
gewidmet ist und bisherige Analysen â kurz, aber prĂ€gnant â zusammenfasst.
Und zum anderen Georg Markusâ Familienchronik »Die Hörbigers« aus dem
Jahr 2006Â â wobei hier anzumerken ist, dass Markus trotz wiederholter Distan-
zierungsversuche seine Bewunderung fĂŒr die Hörbiger-BrĂŒder, vor allem aber
fĂŒr Paula Wessely kaum verbergen kann. Die in dem Buch geschilderten Episo-
den haben dementsprechend nur sehr eingeschrÀnkt und ergÀnzend zu anderen
Quellen in die vorliegende Arbeit Eingang gefunden.
Es sind demnach einige SekundÀrtexte vorhanden, auf die bei der Interpre-
tation zurĂŒckgegriffen werden kann, auch wenn sie zum Teil nur wenige Seiten
umfassen. DarĂŒber hinaus ist es sinnvoll, sich mit Quellen aus Nachbardiszipli-
nen zu behelfen, etwa mit zeithistorischen Darstellungen von Kunst und KĂŒnst-
lertum in der NS-Zeit23 ; mit deren Hilfe können plausible ZusammenhÀnge
zwischen diversen PrĂ€- und Jelinekâschen Posttexten hergestellt werden. Hilf-
reich sind in jedem Fall ein Mindestmaà an Kenntnis österreichischer Dialekte
sowie deutschsprachiger Filmproduktionen der 1930er bis 1950er Jahre, da auf
diese im Text immer wieder Bezug genommen wird.24
Angesichts der literaturgeschichtlichen Bedeutung, die Jelinek als Nobel-
preistrĂ€gerin bescheinigt wurde, und des groĂen Skandals, den die UrauffĂŒh-
rung des StĂŒcks in den 1980er Jahren verursacht hatte, ist es zumindest bemer-
kenswert, dass sich der Bestand der SekundĂ€rtexte bis heute in ĂŒberschaubaren
Grenzen hÀlt.
22 Deutsch-Schreiner, Burgtheater, S. 137â141.
23 Empfehlenswert ist etwa : Rathkolb, Oliver : FĂŒhrertreu und gottbegnadet. KĂŒnstlereliten im
Dritten Reich. Wien : Ăsterreichischer Bundesverlag 1991, zu den Wessely/Hörbigers insbe-
sondere S. 235â265.
24 Vgl. Steiner, Die verdrÀngten Jahre, S. 183. 111
»Burg
theater«â |
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Eine historiografische Untersuchung
- Titel
- Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
- Untertitel
- Eine historiografische Untersuchung
- Autor
- Sylvia Paulischin-Hovdar
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20325-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 328
- Schlagwörter
- Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- 1. Einleitung 11
- 2. Methodische Reflexion 99
- 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
- 3.1 »Burg theater« 108
- 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
- 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
- 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
- 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
- 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
- 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
- 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die groĂe Anklage 245
- 3.3 »Das Lebewohl« 247
- 4. ResĂŒmee 279
- 5. Epilog â Wir warenâs nicht ? 296
- 6. Anhang 299
- 7. Register 319